IM1522: Deponia Doomsday - Interview mit Carsten Fichtelmann von Daedalic
Carsten Fichtelmann ist Geschäftsführer und Mitgründer des Hamburger Entwicklungsstudios Daedalic Entertainment und heute unser Interviewpartner bei Insert Moin. Micha spricht mit ihm über den heutigen Release des vierten Deponia-Adventures: Deponia Doomsday. Die extrem kurzfristige Ankündigung des Spiels hat nicht nur Fans und Presse überrascht, sondern wird auch von einer durchaus kontrovers diskutierten Marketingaktion begleitet: Erstmals in der Geschichte der klassischen „Heftbeilage“ bei Videospielmagazinen im Printbereich befindet sich ein brandneues Spiel auf dem Cover. In diesem Fall wird Deponia Doomsday in einer Sonderauflage der CBS als PR-Maßnahme für einen Drittel des Originalpreises auf Steam angeboten – bereits ein Tag nach dem offiziellem Steam-Release.
Im Gespräch fragen wir Carsten, warum er für sein Unternehmen und dieses Spiel diesen „Pakt mit dem Teufel“ eingegangen ist und warum er findet, dass das Klima in der Branche derzeit eher schwierig für deutsche Entwicklungsstudios ist. Dies und mehr im Interview.
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Richtig cool, dass es so schnell mit einem Interview zu diesem wirklich spannenden Thema geklappt hat!!
Jedoch muss ich sagen, dass mir zu wenig auf das Thema 9,99€ vs. 30€ eingegangen wurde.
Das ist ja ein absurder Rabatt zum Start und irgendwie fehlt mir immer noch ein wenig das Verständnis. Durch diesen Rabatt gibt man meiner Meinung nach sehr viel Spielraum auf und natürlich auch schon einiges an Gewinn (und Geld über hat man ja in der Spieleindustrie nie über, hat er ja auch selbst mehrmals betont).
Das sieht für mich schon verdächtig danach aus, dass entweder CBS ordentlich Geld dafür zahlt oder Daedalic wirklich vor einigen Problemen steht und diese Art der Vermarktung bei ihrem momentan Flagship Produkt anwenden muss. Das ist bei anderen Marken von anderen Publishern unvorstellbar.
Beide Varianten gefallen mir aus unterschiedlichen Gründen nicht.
Den deutschen Spielejournalisten fehlenden Patriotismus vorwerfen finde ich sehr schwach. So wie hier argumentiert wird müssen also Spiele aus Deutschland unabhängig ihrer Qualität einfach besser bewertet werden.
Und das ist schon sehr grenzwertig. Ich wünsche natürlich den deutschen Entwicklern das Beste, aber das wäre ja keine faire Bewertung des Produktes.
Zu wenig eingegangen? Ich fand Carsten da erschreckend ehrlich. Klar, er hat keine Zahl gesagt, aber er hat wortwörtlich gesagt, dass es für Daedalic „egal“ ist, wie viele CBS da verkauft werden. Es sei ein fixer Betrag, den die Springer-Postille ihnen dafür zahlt. Daher ist es kein Rabatt, der ihn betrifft. CBS hat den Preis des Hefts bestimmt. Die hätten das Heft also auch für 20 EUR verkaufen können, das hätte die Marge nur für die CBS erhöht. Die CBS hat eine extrem sinkende Auflage. Das ist daher eine ganz klare Marketing-Aktion und eine Investition, die Auflage durch einen Lockvogel mal wieder nach oben schnellen zu lassen in der Hoffnung, dass ein paar Prozent der Käufer doch mal ins Heft schauen und dann merken, dass es vielleicht doch nicht SO schlecht ist und dann eben langfristig doch mal wieder das Heft kaufen. Oder alte Leser zurückgewinnen.
Gleichzeitig hat Carsten ja eindrücklich und glaubhaft geschildert, dass sich der Retailmarkt nicht mehr für Adventures interessiert und eh alles auf Steam abläuft (95%!) bei ihnen. Daher ist eine sichere Abnahme von keine Ahnung, ich schätze mal 50.000-90.000 Spielen als Heftcover (https://de.wikipedia.org/wiki/Computer_Bild_Spiele#Auflagenstatistik) natürlich DEUTLICH angenehmer und einfacher, als jeden einzelnen Mediamarkt anzubetteln, da mal 10 DVDs reinzustellen. Aus Firmenchef-Sicht absolut nachvollziehbar. Leider. Mir geht es da wie Dir: Beide Motivationen sind kein gutes Zeichen. Wobei ich die sinkende Auflage der CBS dagegen eher begrüße :)
Da bin ich auch bei dir, CBS ist ja schon länger im Sinkflug.
Erschreckender wäre da, wenn einer der erfolgreichsten deutschen Entwickler trotz großartiger Verkaufszahlen so Probleme hätte.
Insgesamt ist es aber wieder ein Beispiel für die große Problematik der Wertschätzung im Bereich Videospiele, gerade bei so stark auf Download fokussierte Titel.
Ach und nochmal zum Cast ansich:
Insgesamt richtig gut! Einfach ein spannendes und ehrliches Gespräch mit einem Studioleiter. Das ist schon nicht selbstverständlich
Media Markt und Saturn haben ja selber auch genug Probleme. Weiß nicht, ob die bei jungen Menschen noch so viel Relevanz besitzen.
Mich würde es eher interessieren, wie die Zahlen bei Amazon aussehen. Dort ein Spiel von Daedalic zu kaufen geht ja genauso einfach wie bei Steam. Nur dass man einen Tag warten muss, dafür aber eine schöne Packung erhält. Und sich in der Regel nicht mit DRM herumschlagen muss.
Media Markt und Saturn erleben in den letzten Monaten – getrieben durch diverse Aktionen- gerade im Konsolen Bereich nen Höhenflug.
Aber klar der PC Markt wird immer schwächer
Ist das jetzt dein persönliches Empfinden oder hast Du dazu irgendwelche Belege?
Ich kann die Aussage nämlich nicht ganz nachvollziehen…
Moin, ja bis vor kurzem noch für einen großen Publisher gearbeitet.
Kann und darf aber wohl keine Zahlen hier nennen?
„Wobei ich die sinkende Auflage der CBS dagegen eher begrüße :)“
-> Ganz ehrlich? Ich mag euch und den Podcast wirklich gerne. Aber solche respektlosen Aussagen sollte man nicht tätigen, wenn man in der Branche arbeitet. Das hat nicht viel mit Professionalität zu tun. Man kann über die Zeitschrift ja denken, was man will, aber zu „begrüßen“, dass das eine oder andere Heft (mal wieder) vor die Hunde geht, finde ich traurig. Da sind immerhin auch menschliche Schicksale im Spiel. Denke darüber mal nach, Manu.
Ja, du hast natürlich Recht. War nicht professionell. Aber da sich Springer auch nicht gerade damit auszeichnet, sich um die Schicksale von Menschen, deren Angehörigen, Persönlichkeitsrechten und allgemein journalistischem Ethos oder gar dem Presserecht zu kümmern, hält sich meine Empathie da etwas in Grenzen. Ich wünsche aber natürlich niemanden, der bei der CBS arbeitet, dass er oder sie arbeitslos wird. Ich wünsche diesen Menschen nur die Kraft, dort zu kündigen und einen besseren Arbeitgeber zu finden.
Ich weiß: CBS ist nicht die Bild. Aber es ist nun mal ein Produkt aus dem Hause Springer.
Hörenswerter Podcast, hab mir gerade auf dem Hundespaziergang die erste Hälfte angehört.
Ist es nicht schwierig den speziellen Humor der Daedalic-Spiele ins Englische zu übersetzen und geeignete Sprecher zu finden? Bei sowas wie „A New Beginning“ stell ich mir das noch machbar vor, aber Deponia und Edna bricht aus leben schon sehr von den Dialogen.
Was mich bei Daedalic immer gewundert hat ist, dass die Spiele nicht für die Nintendo Wii erschienen sind. Das klingt doch nach einem „Match made in heaven“. Die Wii-Remote ist ein viel besserer Maus-Ersatz als das Gamepad und unglaublich viele Casual Gamer haben die Wii gekauft. Und für die 2D-Grafik der Titel war die Konsole auch schnell genug. Die Playstation Vita würde sich aus technischer Sicht auch anbieten, aber da ist die Zielgruppe natürlich kleiner. Nicht geeignet sind in meinen Augen PS4 und Xbox One, da würden die Titel nur untergehen und sich nicht vernünftig bedienen lassen.
Prinzipiell finde ich es auch nicht verwerflich mit der Computer Bild Spiele zusammenarbeiten, aber den schlechten Ruf hat die BILD natürlich vollkommen zurecht. Dafür muss man gar nicht bis zu „Der Aufmacher“ von Günter Wallraff zurückgehen, sondern es reicht sich die Anti-Griechenland-Kampagne im letzten Jahr anzusehen.
Ich glaube nicht das er mit fehlendem Patriotismus meint das Deutsche Spiele bessere Bewertungen kriegen.
Sondern vielleicht eher das Deutsche Adventures bei manchen Publikationen überhaupt mal Bewertet werden sollten.
Die Gamestar z.b. führt ja fast schon eine No Adventures Politik was einfach schade ist.
Wenn ein Spiel für die eigene Zielgruppe nicht interessant ist, warum sollte man es als Magazin dann testen? Habe den Vorwurf von Carsten nicht verstanden, warum spielt das Herkunftsland eine Rolle? Dass er im Ausland diesen Patriotismus wahrnimmt, kann ja sein, aber das macht die Sache nicht besser. Ich würde es auch jedem Journalisten ankreiden, wenn er „heimische“ Produkte vorzieht oder besser bewertet. Ganz befreit ist man davon ja eh nicht. Wäre ich nicht in Deutschland, würde ich selbstredend weniger von Daedalic und anderen deuten Studios mitbekommen. Natürlich ist man immer Teil der lokalen Kultur und davon ja eh nie ganz befreit. Aber wenn sich meine Hörer/Leser/Zuschauer nicht mehr für Adventures interessieren und es nicht funktioniert, warum sollte ich als Chefredakteur dann einen Test dazu in mein Magazin setzen, wenn ich in der Zeit auch ein anderes Thema bearbeiten kann? Ist ja nicht so, als sind die Redaktionen von heute überbesetzt. Und dass die Gamestar eine „Politik“ hat, ist Quatsch imho. So Spiele wie Life is Strange, Telltale und Firewatch landen doch auch im Magazin und sind halt einfach die moderne Form des Adventures geworden.
Disclaimer: Ich arbeite freiberuflich und nebenher auch für die GameStar
Wer sagt denn, dass die Zielgruppe der Gamestar sich nicht für Adventures interessiert? Würde ich so nicht unterschreiben.
Ich finde es jedenfalls jammerschade, dass ein Titel wie Heaven’s Hope der Mosaic Mask Studios aus Hannover keine Beachtung in der Gamestar findet.
Ähnlich wie damals Memento Mori 2 oder auch aktueller Annas Quest..
Die Liste ließe sich endlos fortsetzen.
Adventures stehen in der Deutschen Berichterstattung nun mal ganz unten in der Nahrungskette.
vermutlich die gamestar selbst, die durch diverse tracking und clicktools ganz genau wissen, was gelesen wird und was nicht.
und zum deutschlandbonus haben der andre peschke und jochen gebauer einen hörenswerten podcast gemacht.
http://www.gamespodcast.de/2015/12/06/runde-35-auf-der-suche-nach-dem-deutschlandbonus/
Ich finde es auch Quatsch, dass man Spiele aus dem eigenen Land besser bewerten sollte – das ergibt keinen Sinn. Entweder ich finde ein Spiel gut oder nicht, aber wenn ich’s blöd finde, wird’s nicht dadurch besser, dass es ein deutsches Studio ist. Da wünsche ich mir Neutralität – überall. Die Tatsache, dass es nicht überall so gegeben ist, rechtfertigt nicht auf den Zug aufzuspringen. Bin da bei Manu!
Heimische Spiele besser zu bewerten ist wirklich Quatsch und halt Wunschdenken eines Entwicklers (aber wahrscheinlich in anderen europäischen oder ostasiatischen Ländern nicht mal unüblich).
Aber der Wunsch nach Besprechung ist meiner Ansicht nach durchaus nachzuvollziehen, zumal Daedelic-Adventures nicht ganz so klein und mikro-nischig sind, wie oft behauptet wird. Und wenn man mal die Gamestar durchblättert findet man deutlich kleinere Themen und Tests, die dennoch Platz finden.
Zunächst: Tolle Interviewführung von Micha! Kritisch und nachhakend, aber nie unfair.
Ich kann auch Carstens Ausführung nachvollziehen, was es bedeutet, ein Adventure-Studio in Deutschland zu leiten und welcher Überlebenskampf das ist.
Wer aber Sätze sagt wie „Ich verstehe nicht, was an der BILD so schlimm sein soll?“, der ist entweder naiv, zynisch oder dumm. Alles ist gleichermaßen bedenklich.
Oder die Brüder Samwer zu loben. Deren Geschäftsmodell besteht aus dem exakten Kopieren von US-Startups, die dann in Deutschland per Ausbeutung der Mitarbeiter aufgepumpt werden, um dann ein fetten Buy-Out hinzulegen. Die Mitarbeiter sehen davon nix und sitzen dann wieder aus der Straße. Das ist kein cleveres Management, sondern ein Verbrechen.
Was Daniel sagt.
Auch von mir Zustimmung. Zu ignorieren wie problematisch die Bild-Zeitung und ihr Verlag ist, ist, sagen wir mal, nicht gerade toll.
Auch bei den Aussagen z.B. bzgl. mehr Enthusiasmus/weniger Regulierung in der Spieleentwicklung und der nach meinem Empfinden etwas ausweichenden Antwort bzgl. des Anteils an Praktikaten/Werksstudenten kann man evtl. etwas zwischen den Zeilen lesen.
Ich verstehe, dass deutsche Unternehmen, die auch im internationalen Umfeld konkurrenzfähig sein müssen, sich ähnliche Rahmenbedingungen in Bezug auf Arbeitszeit (und Gehalt) wünschen.
Auf der anderen Seite braucht die Branche aber auch nicht Billiglöhner oder unregulierte Arbeitszeiten wie in den USA (ich rede hier nicht von gelegentlichen Überstunden vor Releases) – denke hier an die Geschichten rund um die Entwicklung von „L.A. Noir“. Jeder Wunsch nach mehr Flexibilität von Seiten der Unternehmer hat daher bei mir so ein kleines „Gschmäckle“.
Dass Ihr als Betreiber dieses Podcasts die Äusserungen von Fichtelmann kommentiert und nicht nur uns Hörer zu Wort kommen lasst, finde ich sehr gut!
Ich bin ein großer Fan vieler Daedalic-Spiele. Leider ist der Name Daedalic für mich in Zukunft – also nach diesem Interview – eher negativ besetzt.
Genau den gleichen Gedanken hatte ich auch – entweder hat er sich an der Stelle absichtlich dumm gestellt oder er besitzt ein verzerrtes Weltbild, bzgl. des Springer-Verlags.
Ich glaube auch gerne, dass Steam der Hauptabsatzmarkt ist, aber ein Argument wie „Vermutlich bekomme ich bei CBS viel, viel, viel früher mein Geld“ kann ich leider auch nur so halb erst nehmen. Ich mein… VERMUTLICH?! Sollte man das nicht wissen, wenn man einen Vertrag mit dem Laden hat? Naja….
Er wird es schon wissen, aber warum sollte er das öffentlich machen? Geht doch keinen was an.
Vorneweg: Super Podcast, sehr interessant. Gut gewähltes Thema und schön schnell drauf gegangen von Micha. Die Interviewführung war gut, aber man merkt, dass der Interviewer natürlich nicht so viel ökonomischen Background hat um mehr nachzufragen. Das ist aber nicht bös gemeint und auch ganz normal. Micha ist ja kein hauptberuflicher Wirtschaftsjournalist.
Leider ist in den Kommentaren von Daniel und den anderen Lesern hier ein bisschen viel Polemik für meinen Geschmack. Ich selbst lese keine Bild, kann aber Christians Argument gut verstehen. Weiterhin ist die Bild eine von zig Publikationen aus dem Springer-Verlag. Es fühlt sich etwas nach dem typischen Shitstorm-Reflex an Daedelic jetzt für dieses Releasemodell zu kritisieren. Ich wünsche Ihnen, dass sich der mutige Schachzug auszahlt.
Auch mit der generelle Kritik an der deutschen Wertschätzung der Videospiel-Industrie und frechem Unternehmertum (Gebrüder Samwer etc.) ist Christian vielleicht etwas übers Ziel hinausgeschossen – Micha hat ja aber die Vorlage geliefert und außerdem ist an seinen Aussagen auch mehr als ein Funken Wahrheit dran. Wer einmal ein bisschen in den USA gearbeitet hat, wird vieles bestätigen können von dem was Christian sagt. Er hat ja die Samwers gerade NICHT gelobt (sorry Daniel) sondern stattdessen hinterfragt ob die sofort verteufelt werden müssen. Und da stimme ich ehrlich gesagt auch wieder zu. Das ist der typisch deutsche Neider, der bei einem erfolgreichen Menschen hinter vorgehaltener Hand fragt wie das denn eigentlich sein könne und ob der Erfolg nicht durch krumme Machenschaften zustande kam.
Abschließend noch mal: Super Podcast, macht weiter so.
„Es fühlt sich etwas nach dem typischen Shitstorm-Reflex an Daedelic jetzt für dieses Releasemodell zu kritisieren.“
Ich finde das Releasemodell, also ein Spiel zeitgleich als Heft-Vollversion zu veröffentlichen, tatsächlich sehr interessant und bin gespannt wie sich das entwickelt und ob es das zukünftig bei anderen Verlagen geben wird. Nur die Zusammenarbeit mit Springer missfällt mir.
Dem möchte ich mich anschliessen, aber ein paar Punkte noch deutlicher herausarbeiten. Das Thema ist gut. Micha nimmt seine Rolle im Rahmen seiner Möglichkeiten gut wahr. Er macht es aber nicht „sehr gut“, weil man an vielen Stellen – wie auch in div. anderen Insert Moin Podcasts (nicht nur von Micha) – merkt, dass es hier eine vorderscheinlich moralische Position gibt, die – vielleicht auch unbewusst – umgesetzt werden soll. Dies wird besonders deutlich wenn Micha mit einem klaren Subtext immer wieder nachfragt ob man sich nicht doch bewusst Problemen ausgesetzt hat, weil man sich für eine Kooperation mit Springer entschieden hat. Ob man nicht doch Angst vor negativen Reaktionen hat usw.. Springer als dunkel zu umschreiben und andere genutzte negative Bilder sind mehr als fragwürdig.
Ergänzend kommt hinzu, dass Insert Moin leider immer häufiger eine vordergründig objektive, aber am Ende zutiefst subjektive „Moralkeule“ schwingt, wobei hier bei einzelnen Moderatoren deutlich wird, dass es ein mangelndes Verständnis von Zusammenhängen in der allgemeinen BWL / VWL bzw. auch den Prinzipien unternehmerischen Handelns gibt.
Oft werden Themen in den Bereichen Finanzierung, Vertrieb und Kooperationen kritisiert und bisweilen verteufelt bei denen die Kritik zeigt, dass Wissen und Verständnis nicht vorhanden sind um diese Zusammenhänge ernsthaft in Frage zu stellen.
Zwischenzeitlich entsteht des Gefühl eine Position ergibt sich rein aus dem persönlichen Empfinden. Salopp formuliert: „Ich finde das doof und deshalb darf das nicht sein.“. Anschliessend werden Gründe für eine Rechtfertigung gesucht.
Das Springer-bashing ist unprofessionell und bei aller Kritik, die man an jedem größeren Medienhaus im In- und Ausland üben könnte, muss hier ein differenzierte Blick möglich sein. Ein Teilbereich einer Gruppe kann nicht mit dem Rest gleichgesetzt werden, denn dann wäre unsere Gesellschaft nicht mehr funktionsfähig. Um das zu erkennen braucht man sich ja nur die regelmässig erscheinenden Grafiken zu unternehmerischen Vernetzungen anzusehen.
Und jemanden zu kritisieren, weil er die Samwer Brüder nicht sofort verteufelt zeigt auch, dass hier ein grundlegendes Verständnis für das fehlt, was die Brüder geschaffen haben, auch wenn es definitiv Punkte gibt die bei einzelnen Personen wie Oliver Samwer selber oder in einigen der Rocket Internet Startups kritikwürdig sind.
Ich wünsche als nicht CBS Leser Daedelic mit diesem Weg trotzdem Erfolg und mir von Insert Moin etwas mehr Neutralität oder das klarere Bekenntnis zu persönlichen Positionen, aber bitte nicht immer den vermeintlichen Moralischen Zeigefinger, der oft jeder sachlichen Grundlage entbehrt.
Ein großes DANKE an Carsten Fichtelmann für ein interessantes und offen ehrliches Interview.
„Ich wünsche (…) mir von Insert Moin etwas mehr Neutralität.“
Warum? Insert Moin ist ein subjektives Format. Wir als Moderatoren als auch die Gäste schildern im Cast unsere Meinung. Das kommuninzieren wir ja auch ganz offen so. Es steht ja sogar in unserer Richtlinien.
Du machst den klassischen Fehler, BWL und VWL in den Stand von unumstösslichen Naturgesetzen zu erheben. Nach dem Motto: So funktioniert die Wirtschaft halt, können wir auch nicht ändern. Das stimmt aber nicht! Wirtschaftssysteme sind von Menschen geschaffene Regeln, also können sie auch von Menschen geändert werden. Also kann man sie auch kritisieren. Und ein Unternehmen sollte dem Wohl der Menschen dienen, nicht zum Selbstzweck des Geldmachens existieren.
Und Springer ist eben kein Medienhaus wie jedes andere. Mit BILD und in abgeschwächter Form WELT fährt es regelmässige Kampagnen, die an Volksverhetzung grenzen („Faule Griechen!“ „Kriminelle Ausländer!“). Es verletzt täglich Persönlichkeitsrechte und Privatssphäre auch unbescholtener Bürger.
Dass auch andere Medien mal danaben langen, ist absolut richtig. Aber nirgends geschieht das mit derart boshafter voller Absicht und in absolut regelmäßiger Wiederholung wie bei Springer.
Springer-Bashing, wie du es nennst, ist nicht unprofessionell, sondern das gebietet mir mein Anstand.
<3
Bitte richtig zitieren und den Teil in dem ich als weitere Möglichkeit das klare beziehen einer Position erwähne nicht unterschlagen.
Ich mache keinen klassischen Fehler, weil ich die BWL und VWL noch nie als unumstössliche Naturgesetze gesehen habe.
Nur bzgl. der Kapitalismuskritik: Deine ethischen Wertvorstellungen sind sehr lobenswert und werden von mir auch genauso geteilt. Aber ganz so einfach funktioniert die Welt nicht, oder vielleicht nur im Programmheft der Linkspartei. Hattest Du denn mal ein paar Semester VWL? Dann könnte man über das mit den Naturgesetzen mal diskutieren. Aber nicht hier sondern viel lieber abends beim gemütlichen Bierchen. :)
Generell würde ich empfehlen hier lieber über Spiele zu diskutieren, da können alle gleichermaßen mitreden und das macht auch mehr Spaß glaube ich.
Interviews mit Entwicklern sind aber wirklich mit das Beste was ihr im Programm habt, bitte weiter so und nochmal Kompliment für das zeitnahe Aufnehmen.
>> wobei hier bei einzelnen Moderatoren deutlich wird, dass es ein
>> mangelndes Verständnis von Zusammenhängen in der allgemeinen
>> BWL / VWL bzw. auch den Prinzipien unternehmerischen Handelns
>> gibt.
Je tiefer das Verständnis der aktuell gelehrten und gelebten BWL ist, desto einfacher ist, die moralische Verwerflichkeit dahinter zu entlarven bzw. zu kritisieren.
Es ist für einen Geschäftsführer völlig legitim, ein geeignetes Vermarktungsmodell zu finden. Ebenso legitim ist es, dies moralisch zu hinterfragen.
D’accord. Meine Kritik bewegt sich ja eher in Richtung des Stils und der Tatsache, dass sich ein System nicht durch plakative Verurteilung ändern lässt. Aber das ist, wie auch Torben schrieb, ein Thema für eine andere Stelle.
Nachtrag: Der Hinweis darauf, dass Springer ja mehr sei als die BILD und es ja auch einen Wissenschaftsverlag gäbe, der zu Springer gehöre, musste ich herzlich lachen. Ja, es gibt einen international anerkannten Wissenschaftsverlag mit Namen Springer, aber der ist einige Jahre älter und hat rein garnichts mit Axel Springer zu tun. Das war wohl nix.
„Wer aber Sätze sagt wie „Ich verstehe nicht, was an der BILD so schlimm sein soll?“, der ist entweder naiv, zynisch oder dumm.“
Ich weiß nicht ob man da gleich solche Sachen unterstellen muss und damit zumindest nahe an die Beleidigung rankommt. Klang für mich eher danach, als ob er seinen Geschäftspartner etwas ungeschickt in Schutz nimmt und dabei ein bisschen übers Ziel hinausgeschossen ist. Ich halte die Methoden und Berichterstattung der Bild auch für, zurückhaltend formuliert, problematisch, und es ist völlig in Ordnung, ein Unternehmen zu boykottieren, das einem unsympathisch ist, aber manche scheinen es mir mit ihrer Dämonisierung des Springer-Verlags auch zu übertreiben.
Jetzt muss ich mir Deponia kaufen. Allein umndas Team zu unterstützen
Sehr geehrter Herr Fichtelmann,
ich möchte mich für den Hass und die Intoleranz gegenüber dem Springer-Verlag in diesem Forum entschuldigen, gehört doch gerade der Kampf gegen diese unschönen Seiten der deutschen Natur zu den ersten Grundsätzen des Springer-Verlages, zu denen sich jeder einzelne Mitarbeiter verpflichtet.
Meiner Schwester hat man in der Hauptschule beigebracht, dass Computer Arbeitsplätze vernichten, Springer böse ist und alle Abiturienten arrogante Arschlöcher. Das hat sie dann authoritätsgläubig gerne nachgeplappert.
Ich habe meiner Schwester dann erklärt, dass nicht nur ich gerade auch Abitur mache, sondern ihre Lehrerin ja wohl auch Abitur hat. Da soll sie noch mal eine Runde drüber nachdenken.
Wenn meine Schwester mit ihrem computerfreien Arbeitsplatz heute neidisch ist, weil ich nach 20 Berufsjahren als Computerversteher vom Sparbuch besser leben könnte als sie im Vollzeitjob und ich schon heute mehr Rentenpunkte habe, als sie erreichen kann, dann empfinden mein C64 und ich ein klein wenig Schadenfreude.
Und Springer, …, ja Springer ist halt ein Verlag wie andere auch und wenn Springer böse ist, dann sind die 200 Nobelpreisträger, die bei Springer veröffentlicht haben, sicherlich auch alle totale Vollspacken!
Ich habe ein paar nette Fachbücher von Springer im Schrank und dank CBS viele DVDs mit tollen Spielen ohne lästigen Kopierschutz, schon lange bevor gog.com das gemacht hat!
Und am 1. Donnerstag im März, wenn die neue CBS turnusmäßig wieder aufschlägt, werde ich mir mit ganz reinem Gewissen eine CBS-Platin kaufen.
Der Springer-Wissenschaftsverlag hatte und hat absolut nichts mit dem Axel-Springer-Verlag zu tun. Das sind völlig unterschiedliche Unternehmen.
Danke, wieder was gelernt.
https://www.springer.com/gp/about-springer/company-information/know-your-springer/do-you-mean-springer-springer-or-springer-/18482
200 Nobelpreisträger, die bei Springer veröffentlicht haben? Das wüsste ich aber. Sicher, dass Du nicht den Verlag aus Luxemburg meinst? Und als arroganter Abiturient muss ich einwerfen, dass „autoritär“ immer noch ohne „h“ geschrieben wird. ;-)
Falscher Springer, siehe oben (Julius Springer (Berlin-Heidelberg), nicht Axel Springer ( Hamburg-Berlin).
Toller Podcast und interessantes Interview.
Ich kann gut nachvollziehen, warum man sich ein bischen mehr guten Willen in der Berichterstattung wünscht. Mehr hab ich aus dem Interview nicht herausgehört.
Schade, dass so ehrliche Antworten derartige Kommentare nach sich ziehen.
Der Disclaimer am Anfang war so albern und unnötig… man kann es auch echt übertreiben.
In was für einer Welt leben wir den das so etwas nötig ist ?
In einer Welt, in der Youtuber, Podcaster oder Magazine Geld dafür nehmen, über bestimmte Themen zu berichten und dies nicht offenlegen.
In einer Welt, in der PR-Manager Podcasts, Streams, Let’s Plays über Games machen, die sie betreuen, und dies nicht offenlegen.
In einer Welt, in der es das Publikum albern und unnötig findet, wenn auf mögliche Interessenkonflikte kurz, offen und transparent hingewiesen wird.
Toller Podcast.
Schön investigativ und ehrlich! Sowas hört man viel zu selten. Ob jemand einen Verlag mag oder nicht mag ist immer Geschmackssache.
Eine Sache ist für mich jedoch an der Argumentation von Carsten unlogisch:
Wer hat eigentlich festgelegt, dass sich mit Spielen auch Geld verdienen lassen muss?
Stimmt, keiner!
Man muss sich immer anpassen, und manchmal muss man auch in den sauren Apfel beißen, dass sich das eigene Businessmodel überholt hat. So ist es in der IT Branche und so ist es in der Medienbranche.
Wer sich nicht ständig anpasst, verliert den Anschluss und irgendwann ist es aus.
Sind Sexismus und Rassismus in Spielen für Insert Moin ein Thema? Falls noch ein Podcast zum eigentlichen Spiel folgt, kann man das ja diskutieren:
https://www.rockpapershotgun.com/2016/03/03/deponia-doomsday-review/
Erscheint mir aber ähnlich haltlos wie die Vorwürfe von Anita Sarkeesian.
Wir haben den Artikel gelesen. Ich kann dazu gar nichts sagen, da ich nie ein Deponia gespielt habe. Micha wird sich das anschauen und im Cast vielleicht was zu äußern. Wobei ich diese Vorwürfe bisher eher selten gegenüber der Deponia-Serie vernommen habe. Aber der Screenshot mit „Here goes the neighborhood“ irritiert mich dann doch etwas, auch wenn er aus dem Kontext gerissen sein mag.
Würde ich gerne in einem Podcast zu neuem Deponia etwas zu hören, zumal die Kritik ja die ganze Reihe trifft. Ist mir aber auch noch nie untergekommen.
Ganz interessantes Interview mit streitbaren Aussagen. Ich versuche es mal mit Gegenthesen.
Das Problem ist doch, wir haben einen völlig übersättigten Markt. Dazu kommt bei kreativen Produkten ist die Flexibilität des Produktionsprozess gegenüber anderen Gütern vergleichsweise gering. Es sei denn man folgt etablierten Rezepten (nimmt also die Kreativität raus) sind sie immer eine Wette auf Resonanz beim Publikum. Und das ist in einem übersättigten Markt keine gute Ausgangslage. Man kann sich also an den unempathischen Käufern, dem unkooperativen Produktjournalismus, dem schlechten Geschäftsklima, den geförderten Konkurrenten, den sozialstaatlichen Bürden und der allgemeinen Feindschaft gegen Innovation abarbeiten und hat vielleicht auch an ein paar Stellen recht, aber das ändert am Ende nichts daran, dass die Marktsituation die schlechten Margen hervorbringt. Wenn man dann zusätzlich sagt, wir wollen keine kreativen Kompromisse eingehen und keine möglicherweise profitablere Auftragsarbeit machen, dann klingt das eben eher nach via dolorosa als nach der Straße des Erfolgs.
Der Boulevard ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was in der Welt vor sich geht. Er greift Einzelfälle heraus und bauscht sie auf, bricht komplexe Zusammenhänge auf plakative aber falsche Thesen herunter und berichtet über das an sich triviale Leben von Prominenten. Wenn mir diese Polemik erlaubt ist, das zeigt sich dann auch kurze Zeit später, wenn das Verbot von Uber als Beispiel spezifisch deutscher Fortschrittsfeindlichkeit präsentiert wird, obwohl es überall in Europa Proteste gegen den Service gab und in diversen Ländern Verbote ausgesprochen wurden. Da sprechen wir noch nicht mal von dem, was in der Welt vor sich geht, sondern nur in unseren europäischen Nachbarländern.
Den Ruf nach einem patriotischen Bonus kann ich wenig abgewinnen. Ich würde sagen, mehr als ein Interesse an der lokalen Spieleindustrie kann man hier nicht erwarten. Die Frage wäre höchstens, ob die deutsche Spielepresse irgendwie die Tendenz hat deutsche Produkte kritischer zu betrachten als ausländische bzw. mit einer negativeren Haltung an sie herangeht. Ich hatte so das Gefühl, dass das vielleicht eher das wahrgenommene Problem ist und im Interview nur nicht so klar gesagt wurde.
Disclaimer am Anfang finde ich absolut richtig. Ich hätte ihn nur kürzer gehalten und nicht als „disclaimer“ bezeichnet. Ihr meint ein „disclosure“, die Offenlegung eines möglichen Interessenkonfliktes. ;) Das wird gerne verwechselt, ein Disclaimer ist dagegen eine Einschränkung von Ansprüchen.