IM1339: Le Brunch - Wechselspiel zwischen Film und Games
In der heutigen Folge Le Brunch sprechen wir mit unseren Gästen Daniel Schröckert (von Rocketbeans.tv) und Andreas Garbe (vom ZDF heute journal/heute+) über die Wechselwirkung von Filmen zu Spielen und Spielen zu Filmen, sowie die vielen cineastischen Einflüsse, die das Medium Kino auf die Spielkultur hat und hatte.
Warum gelten die meisten Lizenzumsetzungen von Spielen zu Filmen als Schrott? Warum sind wirklich viele Filme zu Spielen ebenfalls eher mäßig gut? Und warum wollen so viele Spieleentwickler cineastische Spiele entwickeln?
Diese und weitere Fragen besprechen wir vor dem Hintergrund der neuen Ausstellung „Film und Games. Ein Wechselspiel“ des Deutschen Filmmuseums in Frankfurt, bei der Andreas eine Podiumsdiskussion u.a. mit Uwe Boll hielt.
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Ich glaub ich muss mal kurz dazwischengrätschen. Denn Manu hat ja gesagt, dass der Storyanspruch in Spielen später kam. Das mag für Konsolenspiele, die sich vor allem in den 80ern noch sehr von den Arcade-Hallen inspirierten, natürlich so stimmen. Hier hat es wirklich bis zu PS2/Xbox-Zeit gedauert, bis man auch mal tolle Stories abseits von JRPGs präsentiert bekam.
Aber im Bereich der Heimcomputer kommen Spiele nicht unbedingt von der mechanischen Seite aus, sondern durchaus von der erzählerischen. Angefangen bei Adventure von 1976. In den 80ern gab es hunderte, wenn nicht gar tausende an Text-Adventures. Nicht nur kommerziell vertrieben, sondern vor allem auch im PD-Bereich. Man merkte damals geradezu eine Sehnsucht sich in andere Welten fallen zu lassen, Geschichten zu erleben und mitzubestimmen. Auch frühe Spiele wie die Ultima-Reihe waren trotz ihrer Technik, auch Spiele mit einer Geschichte, einer ganzen Fantasywelt, die man erleben konnte. Das war in den RPGs auf Konsolen in den 80ern im Vergleich überhaupt nicht so – die ersten Final Fantasys und Dragon Quests waren sehr mechanikorientierte Spiele. Allein daran merkt man sehr den Unterschied damals zwischen Konsolenspiele und Computerspiele.
Dafür gab es auf dem Computer lange Zeit, auch wegen der Technik, keine guten konsoligen Spiele, das wurde in den 90ern erst durch Apogee, Epic Megagames und viele andere Shareware-Hersteller aufgebrochen durch Titel wie Commander Keen, Jazz Rackrabbit, usw.
Aber zum großen Teil haben damals auf dem PC einfach Adventures dominiert. Dann natürlich irgendwelche Simulationen, Strategietitel und Rollenspiele. Simulationen mal außen vor gelassen – das waren damals schon drei sehr narative Genres. Selbst Strategiespiele, wo man versuchte die Missionen und die Mechanik mit einer Geschichte zu verbinden. Beispielsweise Burntime oder Dune (ebenfalls eine tolle Spielumsetzung zu einem Film).
Und auch der Versuch Hollywood auf die Bildschirme zu bringen, das ist keine Entwicklung der letzten Jahre, sondern gab es ebenfalls schon in den 90ern. Ich erinnere an die vielen FMV-Spiele die es dann gab als die CD-Rom aufkam. Gerade die Tex Murphy Reihe hat damals schon gezeigt wie ein guter interaktiver Film aussehen kann. Das was heute Telltale & Co. machen ist im Endeffekt nix anderes als die Fortführung der interaktiven Filme aus den 90ern.
Also da muss man durchaus differenzieren. Klar, bei Konsolenspielen waren Geschichten lange Zeit unwichtig. Am Computer allerdings waren Geschichten von anfang immer der Dreh- und Angelpunkt.
Noch zu den Abenteuer Spielbüchern: Hier würde ich eher sagen, dass sich damals die Medien Computerspiel, Spielbuch und Pen & Paper alle gegenseitig befruchtet haben. Ursprünglich in den 70ern waren Spielbücher noch sehr experimentell. Dann gab es 1981 das erste Fighting Fantasy Buch, welches lose auf das Dungeons & Dragons Pen & Paper basierte. Den wirklichen Boom von Spielbüchern gab es aber erst mitte der 80er und da waren Textadventures auf Heimcomputer langsam im Rückgang, weil die ersten grafischen Adventures wie Maniac Mansion erschienen.
Also was ich sagen möchte: Man hat damals allgemein nach Möglichkeiten gesucht Geschichten abseits von Film und Literatur neu zu erzählen. Das hängt wahrscheinlich mit der westlichen Mentalität zusammen. Und auch Heimcomputer waren im Westen weit verbreiteter als Konsolen. Währenddessen Konsolen und Arcadespiele doch sehr japanisch geprägt waren. Und da merkt man den Clash der Kulturen. Japaner mit ihrem Pragmatismus Spiele als Spiele basierend auf Mechanik zu verstehen, Europäer und Amerikaner wiederum mit ihrer Romantik Geschichten in andere Welten zu erleben.
„Und da merkt man den Clash der Kulturen. Japaner mit ihrem Pragmatismus
Spiele als Spiele basierend auf Mechanik zu verstehen, Europäer und
Amerikaner wiederum mit ihrer Romantik Geschichten in andere Welten zu
erleben.“
Ich stimme deinem Beitrag im großen und ganzen zu, aber dieser letzte Abschnitt ist nicht ganz korrekt.
Schon seit den frühen 80ern ist bis heute das in Japan mit Abstand belibtestes Genre die „Visual Nolvels“, also interaktive Geschichte mit wenigen bis gar keinen Gameplay.
Vorallem wird dort das Genre als Selbstverständlich angesehen, wärend Westliche Medien/User ja bis heute noch Schaum vorm Mund kriegen wie man es wagen kann Geschichten ohne große Mechanick zu erzählen.
Ich glaube keinem anderen Land sind Geschichten oder Charakteresierung so wichtig wie den Japanern, was man u.a. auch an den sehr langen Textboxen sieht.
In Japan sind ja allgemein Mangas seit Jahrzehnten fester Bestandteil der Kultur und Visual Novels sind ja an sich nix anderes als Mangas auf dem Computerschirm. Ich weiß nicht ob es da hier um das eintauchen in eine fremde Welt geht in dem Sinne, dass man selbst der Abenteurer ist. Visual Novels sind da doch differenzierter zu bewerten. Gerade auch wei viele Visual Novels nicht unbedingt in Fantasy Welten stattfinden, sondern in der japanischen Moderne.
Ich muss sagen, imho ist so mit die beste Spieleverfilmung ist Prince of Persia. Silent Hill finde ich auch grandios, aber ich denke, dass er nicht so gut funktioniert, wenn man die Vorlage nicht kennt. Klar macht er auch dann noch Sinn, aber er verliert eine Menge wenn eben diese nicht kennt.
Bei Prince of Persia hat man das Problem nicht. Er funktioniert auch komplett ohne die Vorlage, hat aber eine menge Elemente die Gamer wieder erkennen (besonders die Kamerafahrten). Die Story ist zwar eher platt, aber als zeitweiliger Blogbuster hat er für mich trotzdem gut funktioniert.
Prince of Persia ist auf der Skala der seelenlosen Fluch der Karibik-Franchise-Ersatz-Versuche auf einer Stufe mit John Carter. Mal abgesehen von dem ganzen Whitewashing (Jake Gyllenhaal als Perser… ja ne, ist klar…).
Ich habe Silent Hill nie gespielt, mag den Film aber ganz gerne. Ich mag die Intensität und dass er genau die richtige Balance zwischen expliziten und Szenen, die dem Spannungsaufbau dienen, findet.
Da habt ihr aber zwei Kompetenzen aufeinander losgelassen, richtig gute Folge!
Erfreulich gute Folge, da ich bei dem Titel befürchtet habe, dass auch ihr hier in das u.U. nicht nur gefühlt bereits tausendfach gehörte Aufzählen von mehr oder weniger gelungenen Filmumsetzungen verharren werdet. Nicht geschehen, wunderbar, vielmehr weitergedacht, auf die jeweiligen Probleme und Möglichkeiten in einer solchen Konstellation hingewiesen, muy bien, vielen Dank. :)
Richtig gute Folge! Genau die richtigen Leute für so ein Thema. Da könnte man den ganzen Tag zuhören!
Das arme „Heavy Rain“ hat ja ganz gut was abbekommen, während der 08/15-Multiversums-Twist von „Bioshock Infinite“ ´n biss´l überglorifiziert wurde.
Aber ansonsten gute Besprechung.
Was emotionale bzw. empathische Bindung zu Charakteren anbelangt, bin ich bei Manu: Ich brauch ´ne recht lange Zeit, um mich in Figuren reinzufitzen und mich für deren Schicksal zu interessieren. „Six Feet Under“ ist da auch ein hervorragendes Beispiel mit seinem Tearjerker-Overkill-Finale, was mit Zeitsprüngen zeigt, was aus allen Figuren wird.
So gesehen müssten Videospiele ja prädestiniert sein für emotionale Bindung.
Doch mir steht immer das Technische und Spielmechanische im Weg.
Open World funktioniert schon mal überhaupt gar nicht in der Hinsicht, weil da der freie Spielaufbau die wichtige Spannungskurve zerstört, die essenziell ist, um Emotionen von einem Spielabschnitt zum nächsten zu übertragen und gegebenenfalls sogar zu steigern. Auch Rollenspiele machen sich da zu viel kaputt, wenn sie den Excitation Transfer unterbrechen, nur damit man ´n paar Goldmünzen und Exp zusammenläppern kann.
Vielleicht am besten gelöst hat das Problem in letzter Zeit „Valiant Hearts“, wo was alle Faktoren zusammenarbeiteten, um eben einen möglichst guten Stimmungstransfer zu gewährleisten. Präsentation, Artstyle, Szenenaufbau, Pacing beim eigentlichen Gameplay (bis auf vielleicht das ablenkende Suchen nach Sammel-Items sowie teilweise zu repetitative Schieberätsel u.ä.) – alles lief logisch zusammen, um am Ende eine möglichst gewaltige emotionale Reaktion zu entladen.
Es geht halt prinzipiell, aber man kann rein medienpsychologisch betrachtet einfach nicht alles bei jedem Spiel bzw. Genre haben.
Stichwort Oculus Rift: Es gibt bereits einige Filmprojekte, die für VR-Brillen in first person gedreht werden. Mir fällt da z.B. ein Kickbox-Film von Lexi Alexander (Hooligans, Punisher War Zone) ein. Wenn also 3D in den nächsten Jahren immer uninteressanter wird, könnte VR bzw. immersive first person die nächste Gelddruckmaschine für Filmstudios werden.
Sehr schöne Folge!
Zur E.T. Cartrige muss ich mal klugscheißen… das wurde NICHT verbuddelt, weil es das „schlechteste Spiel aller Zeiten war“, auch wenn das oft behauptet wird. Ob es das schlechteste Spiel aller Zeiten war, müsste man auch noch diskutieren. Aber da wurden auch noch andere Spiele entsorgt, was mit dem Videospiel-Crash Anfang/Mitte 1980er zu tun hatte. In der Zeit wollte einfach keiner mehr Spiele kaufen…
Der Link zur Diskussion mit Uwe Boll geht nicht mehr :(
P.S.
Danke, dass ihr das mit Bioshock Infinite gesagt habt! Habe mich da auch durchgequält… Verstehe, nicht wie das damals keiner bis kaum einer erwähnt hat. Waren wohl alle vom Hype geblendet!?
Eine sehr gute Folge! Geballte Kompetenz bei so einem schon oft besprochenen Thema.
Dass Spielberg so groß angelegt in die Spiele-Branche wollte war mir nicht bekannt, die Einstellung dieser Bemühungen zeigt aber wieder, dass die Welten nicht so einfach zu vereinigen sind…
Vom Projekt von Gabe Newell und J.J. Abrams hat man ja auch leider nichts mehr gehört. Die Cloverfield PR-Aktion in Portal 2 war ganz nett, aber auch nicht der Rede wert.
Ich mag David Cage für seine Radikalität auf viele Konventionen der Branche zu verzichten und in dem Sinne freue ich mich auf „Until Dawn“, was sich ja anscheinend den B-Movie-Horrorfilm als Spielwiese aussucht.