IM1435: Le Brunch - Literarische Kompetenz durch Videospiele
Dr. Jan M. Boelmann ist Junior-Professor für literarisches Lernen an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und unser heutiger Podcast-Gast. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen im literarischen Lernen mit Computerspielen im Deutschunterricht, aber auch in der Frage, was literarisches Lernen und literarische Kompetenz überhaupt sein können – darüber sprechen wir heute in Le Brunch.
Sein Buch gibt es übrigens hier bei Amazon zu bestellen.
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Moin moin!
Danke für diese Folge! Ich bin selbst Deutschlehrer und Gamer und komme beruflich natürlich regelmäßig in Situationen, in denen ich anschauliche Beispiele finden will, wenn ich Begriffe wie „Erzählstandort“, „Erzählperspektive“, „Archetypen“ oder aber auch den Aufbau des klassischen Dramas erkläre. Mir fallen dazu ständig popkulturelle Beispiele ein, besonders natürlich Filme oder Romane wie „Harry Potter“. Genauso häufig aber eben auch Videospiele.
Gerade letzte Woche habe ich den „unzuverlässigen Erzähler“ thematisiert und mir ist dazu sofort „Tales from the Borderlands“ eingefallen. Das habe ich zwar erwähnt, schaute dabei aber in meiner zehnten Gymnasialklasse nur in leere Gesichter. So ergeht es mir recht oft in solchen Situationen, da die „guten“ Videospielwerke – wie ihr das auch im Cast besprecht – genauso wie die „guten“ Filme und Romane tatsächlich doch eher außerhalb des Mainstreams stattfinden. Diese Situationen bringen mich aber immer wieder dazu, zu reflektieren, wie gut Spiele mittlerweile erzählerisch und inszenatorisch geworden sind.
Bisher hatte ich aber kaum Gelegenheit, Spiele im Unterricht tatsächlich auf breiterer Basis zu thematisieren. Allein technisch ist es doch eine deutlich größere Herausforderung, als einen Roman oder auch Film zu besprechen. Von den mangelnden Materialien mal ganz zu schweigen. Ich warte dann mal noch ein paar Jahrzehnte auf das „Einfach Deutsch – LucasArts Adventures“…
Dennoch bin ich nach Eurer Folge guter Dinge, dass ich irgendwann einmal in meinem Deutschunterricht ein paar Wochen lang mit den Schülern über ein Spiel sprechen werde. Und darauf freue ich mich sehr. Mal sehen, vielleicht bin ich sogar so inspiriert, dass ich mir in meiner (wie ihr es ja auch besprochen habt) recht knapp bemessenen Freizeit neben Arbeit und Familie mal Gedanken über eine „Monkey-Island“-Unterrichtsreihe mache.
Also: Weiter so und gerne wieder solche Themen in LeBrunch!
Ich hab mich immer gefragt, ob man ein Spiel mit einem unzuverlässigen Erzähler umsetzen kann. Gibt’s noch mehr Beispiele? (Hab den Podcast noch nicht gehört.) Ich werd mir Tales of the Borderlands auf jeden Fall mal reinziehen und bin sehr geapannt, wie das funktionieren soll! :)
Da die Telltale-Spiele ja sehr filmisch in ihrer Narration sind, ist das recht gut umsetzbar.
Unzuverlässige Erzähler in Spielen gibt es wirklich häufiger – öfter an Stellen, bei denen man es wirklich nicht so sehr erwartet.
Zwei unglaubliche originelle Beispiele sind die Games von Davey Wreden, der in den letzten Jahren wohl ’nen neuen Maßstab für Erzählerstimmen in Video-Spielen gesetzt hat: Stanley Parable und The Beginner’s Guide. Im Cast von Herrn Boelmann wurden Batman Arkham Knight und Bioshock 1 namentlich genannt.
Andere Beispiele: Final Fantasy 7, die gesamte Silent Hill-Reihe (bes. der berühmte 2. Teil). Eine wirklich spannende aber auch sehr spoilerreiche Zusammenstellung gibt es hier: http://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/UnreliableNarrator/VideoGames
Hallo, mir fällt dann noch das Adventure: A new beginning ein. Das führt einen auch erstmal auf eine ganz falsche Fährte.
Ganz, ganz tolle Folge!
Ich habe sie geradezu „verschlungen“, wenn man das bei Podcasts auch sagen kann :)
Schon die Folge zur Play15 war super, jetzt wieder ein Top-LeBrunch!
Vielleicht sollte ich mich beruflich doch noch einmal umorientieren… ;)
Danke! <3
Ok, spannde Folge, aber mich plagt eine Frage: Wie heißt das genannte Spiel mit dem König, den Schweinen und dem Wolf? Civil? Seville? Sewil?
Selbe Frage hier ,… Ich finde dieses Spiel einfach nicht *grml*
Ceville. http://www.ceville-game.com/de/
Jetzt: Ceville -> http://www.ceville-game.com/de/
Super, danke Manu!
wirklich extrem guter podcast !
ich hoffe der Herr Boelmann lässt sich öfters zu ’nem Podcast überreden. vor allem wenn’s um narration geht ! hab mir nie vorstellen können, dass es akademiker gibt, die sich bei sachen games auf dem laufenden halten können.. will mir ungern vorstellen wieviel meine profs, vor allem in der germanistik, so arbeiten :D
Sehr interessanter Einblick insgesamt. Aber beim Thema Medienkompetenz kann ich einigen Aussagen nicht zustimmen:
Die meisten Kinder lernen sicherlich nicht wie ein Computer funktioniert, sondern nur wie sie ihn nutzen können. Und das oft lediglich für die Anwendungen, die sie interessieren. (Selbst im Informatikstudium lernt man nicht immer stringent, wie ein Computer funktioniert. Wer wissen will, was ich meine, den verweise ich mal auf diesen alternativen Lehransatz: Youtube: From Nand to Tetris In 12 Steps (9:27))
Auch die Benutzung von Suchmaschinen beherrschen die meisten Kinder nur oberflächlich, Funktionalitäten wie Filter (über die Verwendung mehrerer Schlagworte hinaus) bleiben ihnen verschlossen. Viele kennen vermutlich nicht mal den „Minusfilter“ von Google. Und wenn man mal nachfragt, wird man feststellen, dass das Konzept hinter einer Suchmaschine überhaupt nicht verstanden wird. Die meistn Kinder wissen nicht, dass Crawler die Ergebnisse einsammeln und ein Ranking-Algorithmus für ihre Reihenfolge verantwortlich ist und damit auch nicht was dort jeweils die Limitierungen und Manipulationsmöglichkeiten sind.
Anzunehmen, dass Kinder Computer intuitiv beherrschen, nur weil sie relativ angstfrei damit aufwachsen, ist fahrlässig. Diese Technikkompetenz und Kenntnis von Organisationsprinzipien ist eine Voraussetzung für vertiefte Medienkompetenz, ähnlich wie man durch einige Kenntnisse über das Schreiben von Nachrichtentexten und Layout oder über die Organisation von redaktionellen Prozessen eine tiefere Kritikfähigkeit aufbaut als „die schreiben auch nicht immer die Wahrheit“.
Und dann will ich noch kurz eine Lanze für einfache Geschichten brechen. Viele große Romane oder Filme haben auch nur einfache Prämissen. Je komplexer der Plot desto besser gilt bestimmt nicht und mit Blick auf einige verquere Hintergrundgeschichten in Spielen ist wenn eher das Gegenteil der Fall.
Apropos Technikkompetenz das Einbinden von Videos in anchor-Tags, so dass sie nicht erscheinen, ist wohl bei Disqus nicht möglich. ^_^;
Du hast gute Punkte. Wie immer kann so ein relativ kurzer Podcast das Thema dann eben doch nur sehr verkürzt darstellen bzw. anreißen, um es überhaupt vermitteln zu können.
Wichtiges Thema.
Medienkompetenz – medienübergreifend – sollte echt auch langsam mal in die frühkindliche Erziehung aufgegriffen werden. Ich erkenn´s ja leider auch an der Generation meiner Eltern, dass sie´s sehr schwer hat, Fiktionsmarker als solche zu erkennen bzw. Inszenierungsmechanismen in der Medienlandschaft heraus zu filtern, was gerade beim rezipieren stark emotionalisierter Nachrichten gefährlich wird.
Das Schlimmste ist dann, wenn Eltern ihren Kindern moderne Medien komplett entziehen und dann das böse Erwachen kommt, wenn die Kleinen mit Videospielen, Fernsehen und Co. zwangsläufig konfrontiert werden und diese nicht richtig einordnen können.
So, jetzt hab ich mir den Cast auch noch angehört. Für mich als ehemaligen Germanistik- und Philosophie-Student, der zur Zeit im Videospiel Retail arbeitet, war das wohl der spannendste Cast ever auf insert moin. Sobald ich zuhause bin, werde ich mir das Buch über euren Link bestellen :)
Neulich der grandiose Cast zu „Film und Games“ nun dieser. Da muss ich doch endlich mal einen Kommentar angeben und mich bedanken. Höre zwar die meisten Eurer Folgen sehr gern, aber Folgen wie diese, regen mich zum Nachdenken an und sind einfach spannender. Als studierten Lehrer, den u.a. diese manchmal verbohrte Innovations-Feindlichkeit einst dazu bewogen hat, einen anderen Beruf auszuüben, der aber ebenso argwöhnisch der Juristen-Familie beäugt wird, verstehe ich gut, wie schwierig, aber auch notwendig es ist zwischen diesen Gruppen und ‚uns‘ (als denjenigen, den weder an übermäßiger Mediengläubigkeit, noch Ablehnung einzelner „minderwertiger“ Medien gelegen ist) zu vermitteln.
In meinem Referendariat habe ich seinerzeit auch versucht, den Begriff der Literarischen Kompetenz, stattdessen Medienkompetenz zu nennen. Deshalb musste ich herzlich lachen, als ihr davon spracht, wie das meist als das Installieren eines Office-Paketes gesehen wird. Da der Begriff so etabliert ist, ist es vermutlich einfacher und er Sache dienlicher, ihn stattdessen umzudeuten und auf andere Medien auszuweiten. Denn meiner Meinung sollte ein Lehrer nicht Wissen vermitteln, sondern die Fähigkeit zum Wissenserwerb vermitteln. Mit den Kanälen auf denen Input beim Einzelnen ankommt, umzugehen zu lernen, ist die Literarische Kompetenz von heute.
Da unterscheidet sich ein Buch nicht von einem Film, einem Theaterstück, einem Blog oder Computer-Spiel… und eben auch nicht von Aussagen der Politik oder einem Zeitungsartikel.
Also, wie bereits erwähnt: VIELEN DANK und mehr von solchen Themen!