IM1026: Buch "Gender In Games"
Unsere Superlevel-Nina (@Beurkeek) hat ein Buch geschrieben: Gender in Games – Geschlechtsspezifische Rollenbilder in zeitgenössischen Action-Adventures. Es basiert in großen Teilen auf ihrer Uni-Abschlussarbeit, in der sie analysiert hat, wie Frauen-Rollenbilder in populären Videospielen dargestellt werden.
Im Podcast bei Daniel erklärt Nina, wie sie auf die Idee zu Ihre Abschlussarbeit kam und wie die Prüfer auf die Idee reagiert haben. Außerdem spricht sie darüber, wie es schlussendlich zur Buchveröffentlichung kam und warum sie das Thema von Gender in Games für so wichtig erachtet – aber auch, woher der sehr stolze Preis von fast 80 Euro herrührt.
In diesem Donkey Kong Hack wurde Pauline mit Mario vertauscht. Laut Beschreibung hat dies ein Vater für seine Tochter, die danach gefragt hatte geändert. Super!
https://www.youtube.com/watch?v=JeXDNg7scyU
Sehr interessanter Podcast, der aufzeigt, dass die Genderdiscussion im Bereich Video-Games zunehmend an Bedeutung gewinnt. Es tut sich viel, aber es gibt auch noch viel zu tun. Immer mehr Mädchen und Frauen konsumieren Games, es gibt zunehmend starke, weibliche Charaktere und auch Männer genießen Games mit weiblichen Charakteren, solange das Gameplay Spaß macht und die Rolle gut geschrieben ist. The Last of Us und the Walking Dead sind da gute Beispiele. Auf der anderen Seite sollte man auch die Bildsprache was Männer angeht in Spielen nicht vernachlässigen, denn hier gibt es kaum mehr einen Protagonisten, der ohne obligatorisches Sixpack auskommt.
Hier ein Link zu Gender-Swap-Zeichnungen ikonischer Charakteren aus Games:
http://www.examiner.com/article/game-character-gender-swap
Die Auswahl ist besonders gelungen, wenn man beispielsweise an Samus Aran zurückdenkt. Da dachte jeder er spielt einen Mann über das komplette Spiel und erst am Ende zieht sie ihren Helm aus und man stellt fest wie sehr man von seinen eigenen stereotypischen Erwartungen getäuscht wurde.
Ob sich das beim Master Chief wiederholt?
„Auf der anderen Seite sollte man auch die Bildsprache was Männer angeht in Spielen nicht vernachlässigen, denn hier gibt es kaum mehr einen Protagonisten, der ohne obligatorisches Sixpack auskommt.“
Definitiv. Die idealisierten Darstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit unterscheiden sich zwar deutlich, sind aber gleichermaßen weit entfernt von der Realität und vermitteln ein Körperbild, das mal kaum, mal keinesfalls zu erreichen ist. Mehr Vielfalt und – wenn keine comichafte Abstraktion vorliegt – eine tendenzielle Annäherung an natürlichere Formen wären hier wichtig.
Bemerkenswert ist allerdings in diesem Zusammenhang die Wahl deiner Beispiele für einen gelungenen Geschlechtertausch, sind die beiden nun männlichen Figuren doch exakt solche Waschbrettbauch-Heroen, wie sie in Spielen fast inflationär eingesetzt werden. Und, was noch wichtiger ist: Sie entsprechen nicht im entfernstesten ihren Vorbildern. Samus Aran und Lara Croft sind schlanke Grazien, deren Körperbeschaffenheit eher auf Agilität denn auf Stärke hindeutet, als Männer allerdings veritable Schränke. Diese extreme Abweichung vom ursprünglichen Design zeichnet sich gleichermaßen bei den vormals männlichen, jetzt weiblichen Helden ab, die allesamt plötzlich massenweise Holz vor den Hütten haben (ohne dass ihre Körpermasse entsprechend angepasst wird) und sich in einigen Fällen vollkommen unpassend in Szene setzen. Es wird nicht nur das Geschlecht, sondern zum Teil auch die Körpersprache und damit die Persönlichkeit der Figuren zugunsten einer stereotypen Vorstellung von Femininität/Maskulinität geändert. Hierbei handelt es sich um ein Problem, das bei diesen gender swaps relativ häufig auftritt und zeigt, dass die Urheber_innen solcher Bilder eines der Grundprinzipien dieser Methode nicht verstanden haben: Nämlich Rollen zu vertauschen, ohne sie dabei an das jeweilige Geschlecht anzupassen und damit doch nur wieder Klischees zu bedienen.
hi,
leider hat auch das bestellen über die uni-bibliothek nichts gebracht. die dozentin meinte, dass das buch „nicht relevant“ genug sei. schade ist das insbesondere, weil ich mir das buch so niemals leisten kann.
liebe grüße,
3mi
Das ist wirklich bitter und variiert wohl von Universität zu Universität. An meinem Institut konnten Bücher ohne entsprechende Empfehlung von Dozent_innen über die zentrale Bibliothek geordert werden, und die Hürden dafür waren relativ klein.
Aber hey, nimm doch alternativ einfach am Gewinnspiel teil!
Sehr interessanter Podcast zu einem sehr interessanten Thema, gerade weil ich es als Mann oft auch schwierig finde nachzuvollziehen wie eine Frau solche Frauenbilder wahrnimmt. Zuletzt musste ich da in Bioshock Infinite dran denken, in dem Elizabeth ja doch die konsequente moderne Weiterführung der berüchtigten „damsel in distress“ ist. Und auch visuell ist sie ja ganz gezielt an das Disney-Prinzessinnen-Bild angelehnt und weckt sofort gewisse Beschützerinstinkte. Und ich will jetzt auch nicht so tun als hätte ich die nicht auch visuell als sehr ansprechend empfunden. Leider ist der Buchpreis natürlich als Student schwierig zu bezahlen, ich würde mir wünschen das es da irgendwann eine Alternative gäbe (Selbstvertrieb als PDF? Ich nehme an das ist rechtlich nicht ohne weiteres möglich?).
Ich picke mir aber einfach mal zwei Sachen raus zu denen ich gerne was anmerken will:
Zuerst mal würde mich interessieren ob Metroid im Buch Erwähnung findet. Gerade das erste Metroid ist in diesem Zusammenhang natürlich furchtbar interessant: Man geht während des Spielens automatisch davon aus einen männlichen Charakter zu spielen (was an sich schon spannend ist), Nintendo hatte aber die Eier (no pun intended) am Schluss aufzulösen das Samus in Wirklichkeit eine Frau – und somit vermutlich die erste weibliche Spieleprotagonistin – ist. Und auch wenn ich dafür etwas zu jung bin kann ich mir gut vorstellen, dass das damals vielen männlichen jungen Spielern so gar nicht geschmeckt hat.
Zum Anderen wollte ich noch etwas zu der Gerudo-Sache sagen: Nabooru stellt sich als weibliche Anführerin schlussendlich ja ganz klar gegen Ganondorf und verhilft somit Link ja auch zum Sieg über diesen – was das aufgebaute Patriarchat ja dann zumindest wieder aufbricht und Nabooru eigentlich die Rolle gibt, die man (ich?) von Zelda erwarten würde. It’s not much, but it’s something ^^
„Zuletzt musste ich da in Bioshock Infinite dran denken, in dem Elizabeth ja doch die konsequente moderne Weiterführung der berüchtigten “damsel in distress” ist. Und auch visuell ist sie ja ganz gezielt an das Disney-Prinzessinnen-Bild angelehnt und weckt sofort gewisse Beschützerinstinkte.“
Elizabeth ist in der Tat ein schwieriger Fall (und nimmt übrigens auch die eine oder andere Seite in meinem Buch in Beschlag). Zwar wird sie kontinuierlich als mächtig und gefährlich bezeichnet, diesem Ruf allerdings kaum gerecht, tritt stattdessen überwiegend als Handlangerin und, wie du bereits sagst, Dekoration in Erscheinung. Im Grunde ist sie nicht viel mehr als ein „manic pixie dreamgirl“ – ein junger, unbeschwerter Wirbelwind, der den männlichen Hauptdarsteller aufheitert, ihm gelegentlich zur Hand geht und ihm dabei nicht im Weg steht. Angesichts ihrer Biographie, der Tatsache, dass Elizabeth Zeit ihres Lebens gefangen gehalten wurde und nie Kontakt zu anderen Menschen außer den explizit für ihre Überwachung zuständigen hatte, ergibt das alles überhaupt keinen Sinn und ist daher reiner Fanservice.
„Leider ist der Buchpreis natürlich als Student schwierig zu bezahlen, ich würde mir wünschen das es da irgendwann eine Alternative gäbe (Selbstvertrieb als PDF? Ich nehme an das ist rechtlich nicht ohne weiteres möglich?).“
Genau diese Hürde stellt sich leider, denn das Publikationsgsrecht liegt nun beim Verlag. Auszüge aus dem Buch darf ich allerdings selbst veröffentlichen, also werde ich wahrscheinlich in naher Zukunft auf diese Möglichkeit ausweichen, um zumindest Teile einzelner Kapitel frei verfügbar zu machen.
„Zuerst mal würde mich interessieren ob Metroid im Buch Erwähnung findet. Gerade das erste Metroid ist in diesem Zusammenhang natürlich furchtbar interessant: Man geht während des Spielens automatisch davon aus einen männlichen Charakter zu spielen (was an sich schon spannend ist), Nintendo hatte aber die Eier (no pun intended) am Schluss aufzulösen das Samus in Wirklichkeit eine Frau — und somit vermutlich die erste weibliche Spieleprotagonistin — ist. Und auch wenn ich dafür etwas zu jung bin kann ich mir gut vorstellen, dass das damals vielen männlichen jungen Spielern so gar nicht geschmeckt hat.“
Na klar! Der Fokus liegt allerdings eher auf der jüngeren Entwicklung der Reihe und insbesondere auf „Metroid: Other M“, in dem Samus längst nicht mehr die geschlechtlich uneindeutige Heldin ist, die sie einmal war. Wobei man ihre Rolle als weibliche Videospielikone durchaus hinterfragen muss, denn so großartig es auch ist, dass Nintendo damals klammheimlich mit dem weithin akzeptierten Heldenideal brach, wurde das ja zum Abschluss des Spiels partiell wieder zunichte gemacht:
http://www.gamesradar.com/a-brief-history-of-samus-in-her-underwear/
„Zum Anderen wollte ich noch etwas zu der Gerudo-Sache sagen: Nabooru stellt sich als weibliche Anführerin schlussendlich ja ganz klar gegen Ganondorf und verhilft somit Link ja auch zum Sieg über diesen — was das aufgebaute Patriarchat ja dann zumindest wieder aufbricht und Nabooru eigentlich die Rolle gibt, die man (ich?) von Zelda erwarten würde. It’s not much, but it’s something ^^“
Gut, dass du es erwähnst, denn genau das kam mir leider erst nach dem Gespräch in den Sinn, dabei wäre es extrem wichtig, das im Hinblick auf die Rollenverteilung der Gerudos zu erwähnen. Danke!
Sehr netter cast. Lustigerweise gefallen mir persönlich Daniels casts und Gäste zu Büchern deutlich besser als die zu Videospielen.. :D
Was ich allerdings wirklich schade finde ist die ‚Paywall‘ hinter der die Arbeit sich versteckt. Obwohl mich das Thema interessiert, bin ich einfach nicht bereit zum Lesen einer aufgebohrten Bachelorarbeit 80€ auf den Tisch zu legen. Vermutlich bin ich da nicht der einzige und wenn der Focus darauf liegen soll das Thema ein wenig mehr ins ‚öffentliche Bewusstsein‘ zu rücken etwas unglücklich.
Ich bin mir nicht sicher was da in der entsprechenden Studienordnung formal vorgegeben war, aber in meinem Bereich kann man glücklicherweise praktisch alles zumindest in elektronischer Form per open access verfügbar machen. Ein wahrer Segen, da mir eh neu währe zu hören das jemand damit wirklich nennenswerte Summern verdient hätte… ;)
„Was ich allerdings wirklich schade finde ist die ‘Paywall’ hinter der die Arbeit sich versteckt. Obwohl mich das Thema interessiert, bin ich einfach nicht bereit zum Lesen einer aufgebohrten Bachelorarbeit 80€ auf den Tisch zu legen. Vermutlich bin ich da nicht der einzige und wenn der Focus darauf liegen soll das Thema ein wenig mehr ins ‘öffentliche Bewusstsein’ zu rücken etwas unglücklich.“
Wie gesagt, ich auch. Dass das Buch nun allenfalls in akademischen Kreisen zirkulieren und anderen Interessent_innen bloß über Verlosungen wie diese zugänglich gemacht werden kann, deprimiert mich enorm, aber der Preis war eben nicht verhandelbar und für die Möglichkeit der Selbstpublikation fehlte mir die Erfahrung.
Aber eines würde ich gerne an dieser Stelle noch einmal klarstellen: Das jetzt vorliegende Ergebnis ist eben keine Bachelor-Arbeit mehr, und sie war es auch ursprünglich nur dem Namen nach, da bereits zum Zeitpunkt meines Abschlusses deutlich umfangreicher, als es erforderlich gewesen wäre. Ich betone das deshalb, weil mir scheint, dass viele Menschen nicht nur dem Preis, sondern vor allem dem Gedanken ablehnend gegenüberstehen, traurig dreinblickend 80 € für ein Schriftstück aus ihren zerschrumpelnden Geldbörsen fischen zu müssen, das sich mit nichts anderem rühmen kann als die Zugangsvoraussetzung für den Erhalt eines im Prinzip wertlosen akademischen Titels gewesen zu sein. Ein wenig mehr ist es schon, und der offiziellen Bezeichnung nach nun eine „Forschungsarbeit“. Andernfalls hätte der Verlag sie auch gar nicht veröffentlicht.
Entschuldige bitte die etwas unglückliche Ausdrucksweise. Ich wollte in keinem Fall Umfang oder Qualität in Frage stellen. Beides kann ich leider nicht beurteilen. Noch einmal Respekt vor der eigentlichen Intention.
Mein erster Kontakt mit dem Begriff „Gender Bender“. Belustigte ganz klar in erster Linie aber machte mich auch sensibel für das Thema.
http://tvtropes.org/pmwiki/pub/images/genderbenderfuturama.JPG
Guter Podcast. Macht neugierig auf das Buch!
Ich finde ja die Men-Ups von Rion Sabean sehr faszinierend und gleichzeitig zum schreien komisch: http://www.rionsabean.com/men-ups
Mal sehen, ob meine Uni das haben will. Wir sind eigentlich ganz gut aufgestellt, was Gender und Games angeht, könnte also was werden.
Vielen Dank für den guten Cast!
Sehr schöner Cast, der wirklich Lust auf Ninas Buch macht. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Buch irgendwann mal als Ebook veröffentlicht wird, ist vermutlich relativ gering, oder?
Das freut mich, danke! Nun gibt es das Buch bereits als elektronische Variante, nur ist die leider auch nicht günstiger als die gedruckte. Vielleicht beschließt der Verlag beizeiten, das zu ändern, wenn nur genug entsprechende Anfragen (http://www.verlagdrkovac.de/978-3-8300-7750-3.htm?eb_anf=1) dort eingehen, aber im Moment sieht es diesbezüglich noch eher finster aus.
Ausgezeichneter Podcast. Sehr aufschlussreich und interessant. Lob an Nina & Daniel.
Tolles Thema, schön das das hier angesprochen wird. Im deutschen Spielejournalismus passiert das meiner Meinung nach noch viel zu selten.
Viele Genderbends zeigen ja, wie leicht es ist das Geschlecht einer Figur zu ändern, ohne das originale Design zu verfälschen. Hier ist eine sehr interessante Zeichnung von Anne Pogoda, die das Design von „Quiet“ aus dem neuen Metal Gear Solid auf Big Boss übertragen hat.
Ich finde damit wird sehr schön verdeutlicht, wie bereitwillig so lächerliche Outfits (zumindest für eine Scharfschützin in einem Kampfgebiet) bei weiblichen Charakteren akzeptiert werden. Männliche Figuren dagegen, müssen sich mit solchen „unpraktischen“ Outfits nur selten rumschlagen und wenn doch, dann soll es in der Regel komödiantisch sein.
http://nerdreactor.com/wp-content/uploads/2013/09/metal_gear_solid_v__big_quiet_boss_xd_by_zombiesandwich-d6lio0e.jpg
email ist: e.schoebben@yahoo.com
Leute! Ganz, ganz wichtig: Hinterlasst unbedingt eure E-Mail-Adressen oder sonstige Kontaktdaten in euren Beiträgen, wenn ihr am Gewinnspiel teilnehmen wollt, da ich mich sonst nicht mit euch in Verbindung setzen kann.
Sehr interessanter Podcast, vielen Dank.
Zum Thema Fem-Shep fiel mir übrigens ein, dass es den Launch-Trailer für Mass Effect 3 in 2 Versionen gibt, eben einmal mit Male- und einmal mit Fem-Shep. Also völlig unbeworben war das Feature nicht.
Sehr schöne Gender-Swap-Grafiken sind diese hier:
http://www.neatorama.com/2014/04/14/Gender-Swapped-Disney-Characters/
Auch wenn’s keine Videospielcharaktäre sind, sondern Disneyfiguren (wobei die wahrscheinlich auch alle in dem ein oder anderen Lizenzspiel aufgetaucht sein dürften…).
Da ich hier nicht meine Email-Adresse öffentlich rumhängen lassen will, hier mein Twitter: @frauvonweb_de
Die Email-Adresse, die du ins Formular einträgst, wird niemals öffentlich angezeigt, sondern ist nur für uns im Admin-Bereich sichtbar.
Wir sagen das mit der gültigen Mailadresse nur immer dazu, weil es schon mehrfach passiert ist, das Leute bei Gewinnspielen mitmachten und Fake-Adressen hinterließen und wir den Preis nicht zuschicken konnten.
Achso, danke, Ninas Hinweis klingt nur so, also sollte man ihr zusätzlich noch Kontaktinfos hinterlassen.
Kurz zum Anfang und dem Gendern. Ich will nur die Gegenposition einbringen, weil Nina das Wort „Irrtum“, also eine Aussage über die Wirklichkeit, ins Spiel gebracht hat. Als Sprachzeichen ist auch die männliche Pluralform wandelbar. Sie kann eine andere Bedeutung annehmen. Es spricht also nicht von vornerein etwas dagegen, dass das generische Maskulinum die allgemeine Pluralform bildet. Die Frage nach einer benachteiligenden Wirkung für Frauen halte ich für offen. Worauf man sich sicherlich einigen kann, ist, dass die Verwendung gegenderter oder sonstiger Sprachformen mit Inklusionshervorhebung zuallererst eine politische Aussage ist.
Es wurde schon viel Zustimmendes gesagt, insofern beschränke ich mich auf einen übergeordneten Punkt. Die gesamte Kritik am Frauenbild von Computerspielen ist als frequentistisches Argument formuliert, glaube ich, kaum zu widerlegen. Aus meiner Sicht, sind die allermeisten kritisierten Formen für sich genommen akzeptabel oder doch zumindestens tolerierbar. Dazu zählt auch sexuelle Reize weiblicher Spielfiguren hervorzuheben. Tatsächlich sehe ich das bei künstlichen Figuren noch wesentlich weniger kritisch als bei realen Personen, ich verweise auf meinen Kommentar zum IM779 E3-Messebabes-Streitgespräch. Aber, wenn die „damsel in distress“ die Standardrolle der weiblichen Nebenfigur ist oder ein unpassend aufreizendes Kostümchen die Standardbekleidung einer weiblichen Hauptfigur, dann kann man nicht von einem ausgewogenen Frauenbild sprechen. Wer beweisen will, dass es diese Probleme nicht (mehr) gibt, muss erstmal ein ebenso frequentistisches Gegenargument führen. Und das kann man meiner Ansicht nach, trotz Daniels ernst oder nur provokativ gemeintem ersten Anwurf des „cherry pickings“, derzeit nicht führen.
Die Auflösung und hier kommt meine Zustimmung zu Nina, obwohl sie vermutlich an Einzelphänomenen wesentlich mehr Kritik üben würde als ich, ist es mehr Variation und Respekt vor weiblichen Figuren einzubringen. Zum Beispiel indem man sein Werk ernst nimmt, warum muss man eine stimmige Geschichte biegen oder sogar brechen, nur um einer weiblichen Figur ein sexy Outfit zu verpassen? So viel Vertrauen sollte man in die Zugkraft des eigenen Werkes jenseits solcher Gimmicks schon haben. Computerspiele sind ein zu großes kulturelles Phänomen, um sie in der Hauptsache als heterosexuelle Phantasien für Männer zu konzipieren, auch wenn ich nichts an sich Ehrenrühriges daran finde, solche zu erzeugen.
Euer Gespräch hat mich auch nochmal auf eine interessante Haltung gestoßen, die mir in letzter Zeit häufiger über den Weg gelaufen ist. Und das ist die Ablehnung, weibliche Figuren zu spielen. Grundsätzlich sehe ich in männlichen Spielfiguren nicht unbedingt ein Problem. Das ist tatsächlich auch eine Frage der Praktikabilität. Ein Beispiel, Spiele mit historischen bzw. historisch inspirierten Settings, hier muss man sich oft verbiegen, um eine weibliche Heldin zu rechtfertigen, die ähnliche Freiheiten genießt, wie ein männlicher Protagonist. Aber ich hatte eigentlich auch nie Probleme damit, eine weibliche Figur zu spielen. In eurer Diskussion kommt ihr eher zu dem Punkt, hierin eine Art selbsterfüllende Prophezeiung zu sehen, aber wie gesagt, gerade in letzter Zeit ist mir ein paar mal die Ablehnung einer weiblichen Spielfigur über den Weg gelaufen (bis hin zur Konsequenz ein Spiel deswegen nicht zu spielen). Mich würde schon interessieren, was hinter dieser Haltung steckt, vielleicht könnte man diese Frage ja nochmal im Podcast aufgreifen.
Schließlich möchte ich auch ein Lob aussprechen, in der vierstelligen Ära von Insert Moin sind die Buchbesprechungen bisher die interessantesten Folgen gewesen.
„Als Sprachzeichen ist auch die männliche Pluralform wandelbar. Sie kann eine andere Bedeutung annehmen. Es spricht also nicht von vornerein etwas dagegen, dass das generische Maskulinum die allgemeine Pluralform bildet.“
Damit hast du natürlich völlig recht. Mein Einwand sollte denn auch weniger als Versuch verstanden werden, die grammatische Richtigkeit und diesbezügliche Anwendbarkeit des generischen Maskulinums in Frage zu stellen, sondern sich vorwiegend auf den „Irrtum“ beziehen, man würde Frauen durch dessen Gebrauch gleichermaßen ansprechen oder gar, das ist viel wichtiger, einbeziehen. Denn selbst wenn etwa der Begriff „Bürger“ inklusiv gedacht ist und sich die meisten Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht, darin wiederfinden, bleibt dessen eindeutig männliche Form doch bestehen und nicht ohne Einfluss, davon bin ich überzeugt – gerade weil im Alltag weibliche Alternativformen durchaus Anwendung finden, jedoch meist sehr selektiv. Vorrangig nämlich, wenn es gilt, etwa als „typisch weiblich“ empfundene Berufe zu benennen, die so klar von allen anderen abgegrenzt werden.
Darüber hinaus haftet dieser Pluralform der Nachgeschmack jener patriarchalen Strukturen an, durch die sie überhaupt etabliert werden konnte. Ebenso wie die Gleichsetzung von „Mann“ bzw. „man“ und „Mensch“. Ich sage nicht, dass man derlei umgehend ändern muss, aber ein gewisses Bewusstsein für solche Ursprünge sprachlicher Phänomene ist mir wichtig. Und dass Alternativen geschaffen werden, die sich frei nutzen lassen.
„Aus meiner Sicht, sind die allermeisten kritisierten Formen für sich genommen akzeptabel oder doch zumindestens tolerierbar. Dazu zählt auch sexuelle Reize weiblicher Spielfiguren hervorzuheben.“
Auf jeden Fall. Es spricht überhaupt nichts gegen die Andeutung oder explizite Darstellung von Sexualität, selbst wenn sie willkürlich eingesetzt wird, aber das Problem ist exakt diese Verbreitung entsprechender Rollenbilder und der damit verknüpfte Geschlechterfokus. (Halb-)Nackte Frauen gibt es gerade in Spielen massenweise, gleichermaßen (im explizit sexuellen Sinne) leichtbekleidete Männer so gut wie keine. Dieses Missverhältnis und der Überfluss an Klischees ist ein großes Problem, weil gerade deren Kombination Vorurteile bestärkt.
„Die Auflösung […] ist es mehr Variation und Respekt vor weiblichen Figuren einzubringen. Zum Beispiel indem man sein Werk ernst nimmt, warum muss man eine stimmige Geschichte biegen oder sogar brechen, nur um einer weiblichen Figur ein sexy Outfit zu verpassen? So viel Vertrauen sollte man in die Zugkraft des eigenen Werkes jenseits solcher Gimmicks schon haben. Computerspiele sind ein zu großes kulturelles Phänomen, um sie in der Hauptsache als heterosexuelle Phantasien für Männer zu konzipieren, auch wenn ich nichts an sich Ehrenrühriges daran finde, solche zu erzeugen.“
Ja, ja und nochmals ja. Das unterschreibe ich so gerne.
„Und das ist die Ablehnung, weibliche Figuren zu spielen. Grundsätzlich sehe ich in männlichen Spielfiguren nicht unbedingt ein Problem.“
„…gerade in letzter Zeit ist mir ein paar mal die Ablehnung einer weiblichen Spielfigur über den Weg gelaufen (bis hin zur Konsequenz ein Spiel deswegen nicht zu spielen). “
Echt? Ging es um Titel, in denen explizit eine Frau die Hauptrolle bekleidete oder auch um solche, in denen die Geschlechterwahl freigestellt war? Erstaunlicherweise kommt mir nämlich häufig Gegenteiliges zu Ohren, dass also viele Spieler sich durchaus vorstellen können, sich für eine weibliche Figur zu entscheiden. Hier stellt sich dann wieder die leidige Frage danach, ob dieser Entschluss voyeuristisch motiviert ist oder wirklich eine gegengeschlechtliche Identifikation angestrebt wird, aber gerade im MMORPG-Bereich scheint mir dieses Vorgehen relativ weit verbreitet zu sein.
„Das ist tatsächlich auch eine Frage der Praktikabilität. Ein Beispiel, Spiele mit historischen bzw. historisch inspirierten Settings, hier muss man sich oft verbiegen, um eine weibliche Heldin zu rechtfertigen, die ähnliche Freiheiten genießt, wie ein männlicher Protagonist.“
Mir würden auf Anhieb nur sehr, sehr wenige Beispiele einfallen, bei denen dieses Argument tatsächlich greift. Oft kommt es in allen Kontexten auf, die im entferntesten mittelalterlich anmuten, aber gerade in Fantasy-Szenarien ergibt das herzlich wenig Sinn. Von einer Geschichte, die es schafft, Menschen und Magie harmonisch zu vereinen, in der Drachen und Orks auftreten, kann ich auch weibliche Rollenbilder erwarten, deren Beschaffenheit im Hinblick auf die Menschheitsgeschichte nicht „historisch korrekt“ ist. Warum manche Leute entsprechende Kritik üben, sich aber dann nicht an diesen hanebüchenen Hirngespinsten stören, erschließt sich mir bis heute nicht. Jedenfalls, wenn ich davon absehen möchte, ihnen bloßes Territorialverhalten zu unterstellen.
Besten Dank an dich für deinen sehr durchdachten und umfangreichen Kommentar!
Beides. Ich habe mal kurz gesucht und hier das perfekte Exemplar gefunden:
Das Beispiel, was bei mir hängengeblieben ist, ist zugegeben etwas älter, Fabian Siegismund im Gamestar Rückblick 12/97:
Youtube-Video (ab 9m52s bis zum Ende)
Gut, ich dachte jetzt weniger an Mittelalter und Fantasy, sondern zum Beispiel an die ganzen Weltkriegsshooter. Heute kann man sicherlich Frauen als Teil von kämpfenden, militärischen Einheiten rechtfertigen, aber bis vor einigen Jahrzehnten war das nicht der Fall. Auch sowas wie Assassin’s Creed, hier ist es zwar sicherlich möglich eine weibliche Spielfigur zu haben, aber siehe das Beispiel Liberation, wenn sie sich offen als Frau bewegen will, muss man sich irgendwelche Konstruktionen einfallen lassen, um das zu rechtfertigen. Die Alternative wäre sie als Mann getarnt durch die Gegend laufen zu lassen. Was natürlich immer möglich ist, aber durchaus eigene Probleme hat („versteckte Frauen“).
Sehr schöner Podcast und sehr interessantes Buch – dann spare ich mal Geld zusammen…
Ich habe „Mass Effect“ leider bisher noch nicht gespielt aber allein das man von „Fem-Shepard“ redet zeigt doch schon, dass Shepard erstmal als männlicher Charakter in Erinnerung ist.
Meiner Meinung nach wäre einfach mehr Sensibilität von Videospiel-Entwicklern und Journalisten wünschenswert. Was ist zum Beispiel gerade mit „UbiSoft“ los? In „WatchDogs“ sind Frauen nur Opfer, im E3-Video von „Rainbow Six: Siege“ ist die Frau auch nur zu rettendes Beiwerk und in „Assassin’s Creed: Unity“ gibt es sie gar nicht als spielbare Charakter. Als hätte es die Arbeit von Anita Sarkeesian (und nun auch von Nina) nie gegeben. Das ist schon traurig.
Dass es keinen Frauen-Fußball in Videospielen gibt ist dann nochmal ein anderes Thema, welches aber auch mal näher beleuchtet werden sollte.
Hört und liest man auf Superlevel.de zukünftig noch häufiger (und mehr) über Gender und Games? Würde mich freuen!
„Hört und liest man auf Superlevel.de zukünftig noch häufiger (und mehr) über Gender und Games? Würde mich freuen!“
Wenn’s nach mir geht, sehr, sehr gerne! Ich danke dir!
http://thundernoodle.net/notblog/wp-content/uploads/2012/12/zeldaCrossGenderCosplay-199×300.jpg
Männlein / Weiblein, eigentlich egal bei Zelda. Würde man nicht die Prinz/essin retten müssen. Man könnte es aber auch wie im Bild umdrehen. Link wird zur Frau und Zelda zum Mann,.. aber ist dies wirklich ausschlaggebend?! Geschlechterdisparitäten gab es immer und wird es immer geben. Weil sie eben unterschiedlich sind. Ich bin aber für das Fördern von Bewusstsein der gender roles, da nur so such eine objektive neutrale Haltung offeriert werden kann.
Muss das schubladendenken immer so bleiben? ich denke nicht.
Vielen Dank für den interessanten Podcast, macht Lust auf mehr/das Buch!
Insbesondere, da seit der E3 mal wieder (leider wenig sachdienlich) über Sinn und Unsinn weiblicher Spielecharaktere debattiert wird klingt dein Ansatz, dich wissenschaftlich mit Gender im Allgemeinen auseinanderzusetzen sehr vielversprechend.
Vielleicht braucht die Szene gerade genau das ;-)
Zwar keine Spielcharaktere in dem Sinne, aber trotzdem ein genialer gender swap: http://bigbangtheory.wikia.com/wiki/File:Lost_Bet.jpg
sollte nachdenklich stimmen
Danke erst mal für die tolle Folge.
Ich finde es sehr löblich, dass ihr euch immer wieder diesen kritischen Thema widmet. Dementsprechend war ich auch sehr froh, dass es nicht nur bei den zum Schluss erwähnten 20 Minuten geblieben ist ;)
Einen sehr interessanten Gender Swap habe ich hier ausgemacht. http://goo.gl/QALSrv Es handelt sich um eine weibliche Assasine, die man wohl so in Sunset Overdrive spielen kann. Das ganze ist natürlich ein Statement gegenüber Ubisofts Aussage, es wäre zu aufwendig zusätzlich noch Frauen animieren zu müssen.
Es zeigt, dass Publisher und Entwickler auch anders mit dem Thema umgehen können und sich dem Thema angenommen wird.
Einen weiteren Gender Swap den ich schon während des Spielens interessant fand, stammt aus Bioshock Infinite. http://goo.gl/WtFW2L Hier sind es die Lutece Zwillinge. Diese kommen so im Spiel vor und haben einen wichtigen Platz in der Storyline. Achtung es folgen Spoiler.
Grundsätzlich denken die meisten Spieler wohl es handle sich wirklich bei den beiden um normale Zwillinge. Jedoch ist es hier ein und dieselbe Person. Dies ist möglich, da es in Bioshock unzählige parallel Universen gibt. In einem Universum ist die Person halt mit einem X in der anderen mit einem Y Chromosom geboren.
Ich fand dies damals beim durchspielen sehr interessant vokalem da die zwei wirklich bis auf das Geschlecht (engl. Sex) nichts unterscheidet. Mimik, Gestik, Sprache, Beruf sind in beiden Fällen identisch verlaufen.
Leider schafft es Bioshock Infinite mit Elizabeth den sonst positiven Eindruck wieder zu zerstören. Elizabeth ist mir persönlich doch eher eine zu typische Damsel in Distress geworden. Ich habe gehört, dass in den DLC dies sich etwas geändert haben soll, vor allem da der Spieler die Person selbst steuert aber da ich die DLC noch nicht gespielt habe, bleibe ich erst mal bei der Meinung.
Wirklich sehr guter Podcast. Und mal wieder topaktuel zum jetzigen Spielgeschehen. Ich verweise insbesondere auf das Statement von Ubisoft von der E3, dass man wohl im neuen Assissins Creed Unite keine Frau spielen kann weil es nach einem Entwickler zu viel Aufwand gewesen wäre dies zu entwickeln, echt schade deswegen.
Hier mal eine weibliche Version von Indy:
https://lh5.googleusercontent.com/-JUxufcqIcNs/Tq9tR1pyl3I/AAAAAAAAFc0/HQct1zvPqHA/s800/gender-swap-art-11.jpg
Macht weiter so, ihr versüßt mir mit eurem Podcast immer meinen Morgen auf Arbeit.
Mir fällt auf das besonders in klassischen Adventures Frauen als Hauptpersonen selten Klischeehaft, sondern meist Neutral und „relativ normal“ dabei trotzdem vielschichtig dargestellt werden.
Denke da an The Longest Journey, Dreamfall, Syberia, Gray Matter, Still Life und viele andere.
Doppelt gehört, der Nachvollziehbarkeit wegen, und für „Toll“ befunden.
Gute Ausgabe, vielen Dank. :)
Hey
nachdem IndieFresse Podcast war ich am überlegen ob ich es mir kaufe.
Gestern hab ich es dann gleich nach den Frühstücks Podcast im Buchladen bestellt ich hoffe es kommt schneller als spätestens in 2 Wochen.
mfg
EIN KÄUFER MEHR!
Oh, wie wunderbar!
Hallo Nina, hallo Daniel,
bevor ich es vergesse, der Gender-Swap zu erst:
http://ulysses0302.deviantart.com/art/Waterfall-Glade-113589378
Mir gefällt dabei besonders, dass der Künstler die Sexualisierung Lara Corfts aufgreift und auf diesen „Lawrence Croft“ überträgt und ihn damit in einen vermeintlich queeren Charakter verwandelt. (Man beachte auch die anderen Bilder auf dem DeviantArt-Blog)
Da ich selbst zu Gender in digitalen Spielen forsche, war ich natürlich sehr angetan von Eurem Podcast und freue mich darauf das Buch zu lesen.
Auf ein paar Punkte würde ich gerne eingehen:
– Natürlich ist ein Foren-Eintrag kein Beweis dafür dass eine Figur misogyn ist, er kann aber doch aufzeigen wie eine Figur (bei einer bestimmten Gruppe) rezipiert wird. Gerade die weiblichen Charaktere aus Ninja Theory spielen sind hier ja sehr interessant. Sie sind zwar allesamt starke Frauen, die aber durchaus sexualisiert dargestellt werden und sich wiederum häufig in den typischen „Die schönsten weiblichen Videospielcharaktere“-Listen finden. Ist dies vielleicht ein Versuch diese Charaktere wieder zu „kastrieren“ (um mal den Freud aus dem Schrank zu holen)?
– Natürlich muss ein sexuelles Auftreten weiblicher Figuren (wie auch männlicher) nicht zwingend etwas negatives sein. Wichtig ist hierbei ja ob diese Sexualisierung dem reinen Selbstzweck dient, oder zum Charakter bzw. einem offenen/offensiven sexuellen Vorgehen dient. Zumeist landen wir hier aber dann doch in Porno-Clichés oder unbeholfenem Sexismus (hier sei nur auf die Sexszenen in God of War verwiesen, die, meiner Meinung nach, eher formale Ähnlichkeiten zu Vergewaltigungen haben, als dass sie irgendetwas über Kratos oder seine „Gespielinnen“ aussagen). Leider fallen mir hier nun aber auch keine guten Beispiele ein, in denen sich Frauen sexuell verhalten und es zu einem Charakter passt, der nicht diese Clichés erfüllen soll.
– Wenn wir schon von Sexualitäten reden: Nina, schneidest Du in Deinem Buch auch die Heteronormativität von Spielen an?
– Was ist denn die genau Auswahl an Spielen die tiefer im Buch besprochen werden? Siehst Du Mass Effect auch als Action-Adventure, und hast somit eine eigene Definition dieser Genre-Bezeichnung?
– Kurz zu Daniels Frage ob Tomb Raider Gewaltfantasien von Frauen bedient. Ich denke nicht, dass es hier primär um Gewaltfantasien geht, sondern eher, wie Nina erwähnte, um die Darstellung einer unabhängigen Frau (finanziell, sexuell, beziehungstechnisch und zu einem gewissen Grad auch moralisch). Um so mehr ist es schade, dass dies nun alles auf die Leiden die Sie auf der Insel im letzten Teil erfahren musste reduziert wird, inklusive Torture Porn. Da wäre mir die (beinahe) Vergewaltigung realistischer erschienen. Beides nimmt aber viel vom Lack der 1990er Powerfrau, who kicks ass.
– Da es ja schon einige Male in den Kommentaren gefallen ist: Natürlich müssen wir uns auch endlich mehr mit den Rollenbildern für Männer beschäftigen. Es ist gut zu sehen, dass es Möglichkeiten jenseits der muskelbepanzerten Stiernacken mit phallischer Waffe gibt (deren Oberarm größer als Ihr Kopf ist). Ich will viel häufiger die Ängste eines Vaters nachspielen (wie etwa in Heavy Rain), die Schuldgefühle wie in Silent Hill, die neue Bürokratie des Krieges wie in Unmanned oder auch die Umwandlung zur Frau wie in Dys4ia.Schade natürlich, dass auf jedes I Have No Mouth But I Must Scream usw. tausende von belang- und farblosen Helden Marke Fuse treffen. Warum wurde eigentlich auch immer das langweiligste Shepard-Model zur Werbung für Mass Effect verwendet (weil es Matthew Fox ähnlich sieht??)?
Bleibt abschliesend nur zu sagen: Indies to the rescue! ;-)
Danke für den Cast.
Liebe Grüße
Sven
Ich kauf mir selbst nun erst einmal eine Shift-Taste um die vielen Groß- und Kleinschreibungs-Tippfehler zu korrigieren. tztztz
„Ist dies vielleicht ein Versuch diese Charaktere wieder zu “kastrieren” (um mal den Freud aus dem Schrank zu holen)?“
Davon gehe ich aus, ja. „Starke“ weibliche Figuren werden durch ihre Sexualisierung und Objektifizierung ihrer Kraft wenigstens teilweise wieder beraubt, da auch in dieser Rolle zum Anschauungsmaterial degradiert. Ob das nun in jedem Fall angestrebt wird oder auch ein Resultat eines sich verselbstständigen (Sozialisierungs-)Prozesses sein kann, darüber lässt sich wohl nur spekulieren, zumal die meisten Entwickler_innen sich dazu nicht äußern können oder wollen.
„Leider fallen mir hier nun aber auch keine guten Beispiele ein, in denen sich Frauen sexuell verhalten und es zu einem Charakter passt, der nicht diese Clichés erfüllen soll.“
Außer ein paar Nebendarstellerinnen aus weniger bekannten Rollenspielen kommen mir auf Anhieb auch keine in den Sinn. Aber das ist sicherlich auch dem eher pubertären Umgang mit Sex im Spiel zuzuschreiben, der eine ausgewogene Charakterzeichnung im Hinblick darauf kaum zulässt.
„Nina, schneidest Du in Deinem Buch auch die Heteronormativität von Spielen an?“
Schon, aber nur am Rande. Zu Beginn, in dem Kapitel über Geschlechtlichkeit und die im Rahmen der Gender Studies meistverwendeten Begriffe, greife ich auch diesen kurz auf, und in dem Text über Sex im Spiel scheint dieser Aspekt recht deutlich durch.
„Was ist denn die genau Auswahl an Spielen die tiefer im Buch besprochen werden?“
Kurz beschrieben werden (im Rahmen des historischen Rückblicks) „Pong“, „(Ms)PacMan“, „Space Invaders“ und „Donkey Kong“, deutlich ausführlichere Analysen gibt es danach zu „Metroid (Other M)“, „Mass Effect“, „Mirror’s Edge“, „Fable“, „God of War“, „Devil May Cry“ und „Bioschock Infinite“ sowie, im Anschluss, die sehr umfangreichen Kapitel zur „Zelda“ und „Tomb Raider“-Reihe.
„Siehst Du Mass Effect auch als Action-Adventure, und hast somit eine eigene Definition dieser Genre-Bezeichnung?“
„Mass Effect“ war ein Wackelkandidat in der Reihe der ausgewählten Spiele, eben weil es an sich nicht in diese Genrebezeichnung passt. Andererseits sind Action-Adventures derart vielfältig, dass es mir vertretbar erschien, auch diesen Titel (der ja mit unterschiedlichen spielmechanischen Schwerpunkten erlebt werden kann) einzubeziehen. Eine genaue Definition habe ich, der diffusen Genregrenzen wegen, nicht anzubieten, aber im Wesentlichen waren die folgenden Faktoren ausschlaggebend: Bewegungsfreiheit, kein Erfahrungspunkte-System, kein alleiniger Fokus auf Kampfhandlungen, sondern eine ausgewogene Mischung aus gefecht- und geschichtsgetriebenem Spielfortschritt sowie gegebenenfalls eine Eingrenzung der wählbaren Hauptfiguren auf eine oder zwei (bedingt durch einen erzählerischen Fokus auf spezifische Held_innen).
„Ich denke nicht, dass es hier primär um Gewaltfantasien geht, sondern eher, wie Nina erwähnte, um die Darstellung einer unabhängigen Frau (finanziell, sexuell, beziehungstechnisch und zu einem gewissen Grad auch moralisch). “
Sicherlich trifft beides zu, wobei Letzteres die notwendige Grundlage dafür ist, Erstere glaubhaft erfüllen zu können. Man sollte nicht unterschätzen, wie revolutionär nicht nur Lara Crofts Eigenständigkeit, sondern auch die Option war, in der Rolle einer Frau aggressiv und offensiv zu agieren, schließlich entspricht dieses Verhaltensmuster ganz und gar nicht jenem, das dem weiblichen Geschlecht gemeinhin zugeschrieben wird.
In einem Fall wurde dieser Gedanke sogar noch weiter gesponnen:
„If Lara provides a substitute for boys who like looking at strippers, her self-assured and righteous violence simultaneously offers girls a chance to fantasize a response to […] this same objectifying leer.”
(Der entsprechende Artikel scheint leider nicht mehr online zu sein, daher verzichte ich an dieser Stelle auf die Verlinkung.)
„Um so mehr ist es schade, dass dies nun alles auf die Leiden die Sie auf der Insel im letzten Teil erfahren musste reduziert wird, inklusive Torture Porn.“
Nicht nur schade, sondern unglaubwürdig und meines Erachtens deshalb gefährlich, weil gerade die Verknüpfung der angedeuteten Vergewaltigung in Verbindung mit dem hochgradig sexualisierten Image der älteren Lara Croft ein völlig falsches Bild von den potenziellen Konsequenzen solcher Erfahrungen vermittelt. Und dass nun durch die Darstellung der Figur explizit die Beschützerinstinkte gerade der männlichen Spieler angesprochen werden sollten, fällt für meine Begriffe in das Eingangs erwähnte Kastrationsmuster.
„Warum wurde eigentlich auch immer das langweiligste Shepard-Model zur Werbung für Mass Effect verwendet?“
Weil’s halt einem verqueren, männlichen Schönheitsideal entspricht und sich besonders harmonisch in die Riege der immer gleich aussehenden, aber deshalb als willkommener Standard wahrgenommenen dreitagebärtigen Actionhelden einfügt.
„Natürlich müssen wir uns auch endlich mehr mit den Rollenbildern für Männer beschäftigen.“
Auch wenn das beileibe nicht genügt glaube ich, dass ein entsprechender Wandel fast automatisch mit der Erweiterung weiblicher Rollenbilder einhergehen wird, denn die beschriebenen männlichen Klischees entspringen ja vorwiegend einer vehementen Ablehnung von Femininität, die eine ebensolche Abgrenzung davon notwendig macht. Wenn sich endlich zeigt, dass Menschen jeden Geschlechts und jeden individuellen Rollenverständnisses potenziell „stark“ ( also unter anderem vielschichtig, durchsetzungsfähig, kompetent, empathisch, hilfsbereit) sein können, wird vermutlich auch dieses Problem allmählich verschwinden oder zumindest die Basis für Alternativen geschaffen.
Danke für deinen Kommentar!
oder du wirst designer und schreibst alles kleiner.
Zurück zum Thema:
Ich frage mich schon seit dem Hören des Podcasts, wie das Frauenbild, in dem mir einzig bekanntem Egoshooter mit Heldin so war und wie wurden Männer dort dargestellt? No One Lives Forever ist gemeint.
https://www.youtube.com/watch?v=EE54C7AZgCI
Das liegt leider seit der Bachelor-Recherchephase unangetastet in meiner Sammlung, weil mir letztlich die Zeit für die Analyse fehlte und dem Spielkonsum seither ein paar andere Titel in die Quere kamen. Ich habe allerdings nun schon von mehreren Spieler_innen und auch offenkundigen Feminist_innen gehört, die Cate Archer als interessante Figur und potenzielles Rollenvorbild positiv hervorheben. Zur Darstellung der Männer im Spiel ist mir bisher noch nichts zu Ohren gekommen.
Ah, das klingt doch mal positiv.
Gibt es denn sonst keine anderen Egoshooter außer den REALISTIC FEMALE FIRST-PERSON SHOOTER von der guten Anthropy?
http://www.glorioustrainwrecks.com/node/2561
Hi,
Klasse Podcast, bitte mehr solche Themen!
Grüße
Patrick
Sehr schöner Podcast und schade, dass das Buch so teuer ist, an sich find ichs sehr interessant. Ich hoffe darum mal auf das Gewinnspiel (oder die Bibliotheken meines Vertrauens). (Reicht es jetz eigentlich, die Mail-Adresse bei den Kommentar-Daten anzugeben, oder braucht ihr es noch mal im Kommentarfeld?)
Mein derzeit liebster Gender-Swap, wenn auch nur um Ecken Spiele-relevant: http://eschergirls.tumblr.com/image/28035893867
Ich überlege ja immer noch, welches der Kostüme ich auf der nächsten Comic-Convention trage.
Nochmal kurz zur Gender-Swap-Thematik:
Hier der Gender-Swap als Spielmechanik:
http://www.molleindustria.org/en/queer-power/
Und natürlich dürfen wir den guten alten Demon’s Souls Gender-Slider nicht vergessen, auch wenn er nur optische Auswirkungen hat:
http://www.giantbomb.com/gender-slider/3015-5439/
Komisch dass er/sie noch nicht genannt wurde, aber ich muss natürlich noch kurz auf die bekannteste vermeintlich transidente Figur der Spielegeschichte verweisen:
Poison aus Final Fight (siehe auch: http://en.wikipedia.org/wiki/Poison_%28Final_Fight%29)
Frauen schlagen ist böse, na da machen wir eine male-to-female Transsexuelle draus, dann ist es ok. Das ist bestechende Logik.
Leider ist die Bilderserie von Greg Guillemin kein „vollwertiger“ Gender-Swap, spielt aber mit Geschlechterrollen und vor allem mit der Rolle von Superhelden und Comic- beziehungsweise Videospielfiguren.
http://www.greg-guillemin.com/85780/1012746/gallery/the-secret-life-of-heroes
Das Gespräch hat mir wesentlich besser gefallen wie bei Indie Fresse, da ausführlicher und konkreter. Einige angesprochene Themen, wie der Gendergap waren mir im Umfang der Bedeutung nicht bewusst.
Eine Kopie für die hiesige Bibliothek wurde angefordert, ansonsten hoffe ich auf einen zweiten Band im Eigenverlag oder auch eine Artikelserie zum Thema (andere Genres etc.) hier auf superlevel.
Nach solchen Cast weiß ich immer, dass das Patreon Geld mehr als richtig angelegt ist.
Ein sehr interessantes Thema, danke für den Podcast! Ich reduziere meinen Kommentar gerade mal auf einen kleinen Teilaspekt, weil der mich selbst schon länger beschäftigt.
Ich finde ja, dass Dinge wie Gendergap, Schrägstriche und Binnenmajuskel nur eine Übergangsform sein dürften. Das größte Problem bei diesen Dingen ist die Aussprache. Sprachliche Aspekte, die nicht ohne weiteres gesprochen werden können, haben es schwer akzeptiert und in den Alltag integriert zu werden. Belletristik mit Gendergap kann ich mir kaum vorstellen und Lesungen eines solchen Textes wären sicher schwierig. Wir bräuchten eine Lösung, die Sprechbar und inklusiv ist.
Ich habe vor einiger Zeit damit experimentiert gleich das grammatische Geschlecht aus Worten herauszukürzen. Dadurch wirft man erstmal den Unsinn über Board, dass Gegenstände ein Geschlecht haben und geht gleichzeitig dem Problem aus dem Weg, einzelne Gruppen (Trans-Leute oder Menschen, die ihr Geschlecht nicht recht definieren wollen) auszuschließen. Das Ergebnis war allerdings beinahe eine neue Sprache, die ziemlich nach Norddeutsch klingt. Als Proof of Concept schrieb und las ich das hier: http://geschichtendose.de/podcast/19-de-ord-von-babel/
OK, das sieht durchaus interessant aus. Da muss ich die Tage mal rein hören.
Umgekehrt wird ein Schuh draus, nicht Gegenstände haben ein Geschlecht, sie haben ein Genus und das fällt bei Personen meistens (Ausnahmen wie „Männlein“) mit einem biologischen Geschlecht zusammen. Die Begriffe „Maskulinum“, „Femininum“ und „Grammatisches Geschlecht“ sind hier zugegeben etwas irreführend. Bei allen Worten außer Lebewesenbezeichnungen sehe ich deshalb nun wirklich keinen Handlungsbedarf. Aber ich gebe dir Punkte für Lesbarkeit.
Das Problem bei Ausnahmeregeln – denn in diesem Fall würde man bei Lebewesen, deren Sexus man kennt eine grammatikalische Ausnahme machen – ist allerdings, dass sie Dinge unnötig verkomplizieren können. Bedenke auch, dass das Genus eines Substantivs im Deutschen auch an Adjektiven markiert wird. Das würde bedeuten, man bräuchte für Lebewesen, deren Geschlecht man kennt einen anderen Satzbau, als bei Gegenständen oder Lebewesen, deren Geschlecht man nicht kennt.
Wenn man sich Sexus und Genus im Deutschen genauer ansieht, merkt man schnell, wie inkonsequent das System funktioniert. Was ist z.B. mit Pflanzen? Die haben oft auch einen Sexus, aber wir ignorieren das in unserer Grammatik, weil es meist nicht ohne weiteres sichtbar ist. Davon könnte man doch lernen ;)
Ich werde mir den Text und die Aufzeichnung auf jeden Fall bei nächster Gelegenheit in Ruhe zu Gemüte führen, denn nach einer Möglichkeit, die beschriebenen Probleme zu umgehen, suche ich ebenfalls schon lange. Danke für den Hinweis!
Soeben habe ich übrigens die Gewinner_innen der Verlosung benachrichtigt. Viel Spaß wünsche ich eben jenen mit der Lektüre, und allen anderen danke ich abermals ganz, ganz herzlich für die vielen interessanten Gender Bending-Beispiele!
Applaus, applaus.
Zum nicht-perfekten Positivbeispiel Lara Croft:
Ja, da ist ein Konflikt in ihrem Design, weil hier ein Spagat zwischen emanzipierter Superfrau und sexy Game-Biene für’s männliche Auge gemacht wurde – ähnlich, wie es bei Bayonetta der Fall ist oder Samus Aran.
Ich denke es ist wichtig im Sinne einer zielführenden Konversation nicht zu versuchen eine Figur wie Lara ganzheitlich zu bewerten, sondern die Teile, die man progressiv liest und die konservativen Teile zu trennen und auch differenziert zu besprechen.
Die perfekte feministische Ikone gibt es nicht, weder fiktive Figur noch Realperson. Und wenn wir Beispiele und Stimmen als ganzes disqualifizieren, weil es problematische Teile an ihnen gibt, nehmen wir uns selbst die Werkzeuge aus der Hand.
Dazu muss ich auch mal sagen, dass dieses hinderliche Kategoriedenken häufig von Leuten angewandt wird, die feministischer Kritik an Spielen skeptisch gegenüberstehen.
So wird „das Spiel hat Problem in seiner Frauendarstellung“ gelesen als Boycot-Aufruf oder Zensurforderung und entsprechend wird dann defensiv reagiert oder abgewiegelt.
Dieses Aufbauschen einer Kritik an einer bestimmten Botschaft in einem komplexen Medienwerk zu einer kategorischen Verdammung des ganzen Werkes ist ebenso hinderlich für Gespräche, wie der Anspruch ein Beispiel-Game, einen Character oder eine kritische Stimme zu finden, an der es nichts zu rütteln gibt.