IM1901: Bachelorarbeit "Wikinger in Games"
Kevin ist Student der Skandinavistik und für seine Bachelorarbeit fragte er sich, wie eigentlich nordische Themen in Videospielen dargestellt werden. Anhand der Games The Elder Scrolls: Skyrim, Dark Souls III, The Banner Saga, Witcher 3, Hearthstone und Jotun untersuchte er, wie skandinavische Landschaft, Menschen, Schiffe, Gebäude und Fabelwesen präsentiert werden. Als Ergebnis verfasst er die Studienarbeit Die nordische Mythologie und das alte Skandinavien in modernen Videospielen – eine Analyse.
Im Podcast diskutiert er mit Daniel über die Erkenntnisse seiner Bachelorarbeit.
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Interessantes Thema!
Wollte ein bischen dazu loswerden, dazu aber natürlich vorab, dass ich natürlich nur beurteilen kann, über was ihr gesprochen habt und ich ergo nicht beurteilen kann, was tatsächlich geschrieben wurde.
Grundsätzlich hat mir, ähnlich wie Daniel auch, etwas über die Beobachtung hinaus gefehlt. Also zum einen die Ursprünge, und zum anderen die Deutung.
Über eine Sache habe ich mich jedoch recht schnell gewundert:
Es schien hier so, als würde man davon ausgehen, dass die Spiele ein authentisches Bild darstellen wollten. Aber ich denke das ist gerade in den ausgewählten Titeln ja so gar nicht gegeben.
Wenn man nun zB Wikinger (wobei allein die Definition des Begriffes sicher auch interessant wäre) mit gehörnten Helmen darstellt, muss das ja nicht heissen, dass man hier aus unwissen gehandelt hat. Es muss nichtmals heissen, dass man Hörner gewählt hat, weil es cooler aussieht, sondern es könnte je nach Kontext des Spiels einen ganz anderen Zusammenhang haben.
Gerade Skyrim ist ja beispielsweise kein „isoliertes“ Spiel, sondern lediglich ein Gebiet in Tamriel. Nun ist man sicher hingegangen und hat vieles aus der skandinavischen Mythologie entlehnt. Aber andere Sachen, wie beispielsweise die Drachen haben ja sicher nicht unbedingt damit etwas zu tun. Drachen gibt es ja sicher in ganz Tamriel und sehen nun vermutlich in der einen Zone nicht wesentlich anders aus als in der anderen. Man mag mir verzeihen, wenn das Beispiel falsch ist, da ich in der Welt nun selber nicht so erfahren bin: Es gibt aber ja auch Zonen Tamriels die eher einen „britischen“ Hintergrund haben. Andere haben einen arabischen. Die Drachen müssen aber ja jetzt nicht je nach Region zwangsweise das Aussehen ändern.
Daher finde ich den Ansatz „Die nordische Mythologie und das alte Skandinavien in modernen Videospielen“ nicht ganz „richtig“.Klar, es werden dort Teile wiedergegeben. Aber es wird eben nicht versucht eine „Wikingergeschichte“ zu erzählen, so als würde man einen Wikinger-Film schauen. Stattdessen wurden Ansätze davon in eigenen Settings integriert.
Die Gegner in Banner Saga sind ja beispielsweise irgendwelche seltsamen Roboter-Konstrukte. Spontan habe ich dazu gefunden, dass sie möglicherweise einen Einfluss aus der Inka/Azteken Lore haben. Ein Versuch der Analyse aus perspektive der nordischen Mythologie wäre damit an der Stelle etwas vertan.
Ich denke daher auch, dass die Auswahl der Spiele vielleicht nicht ganz optimal ist.
Idealerweise hat man ja eine Situation wie die in Civilization (meines Wissens hat darüber jemand vom Three Moves Ahead Podcast mal geschrieben). Dort man man gezielt Kerneigenschaten und besondere Einheiten jedes Volkes in der Realität herausgesucht und als Spielmechanik in das Spiel eingebettet. Dort ist es dann interessant zu analysieren, was geschichtlich korrekt ist, was durch Vorurteile entstanden ist, und was von der Breiten-Massen Wieder-Erkennungs-Faktoren sind.
Aber da Civilization (wo es übrigens auch in Civ 4 die Wikinger als spielbares Volk gibt, in Civ 5 die Dänen und in Civ 6 die Norweger) eben auch versucht ein halbwegs authentisches Bild darzustellen, sind auch die Rückschlüsse klarer.
Man hätte daher vielleicht auch noch Spiele hinzu nehmen sollen, die direkt versucht haben, die Nordische Mythologie oder Zivilisation darzustellen, statt sich nur davon inspirieren zu lassen.
Ein Beispiel wäre die Midgard Fraktion aus „Dark Age of Camelot“. In dem MMO gibt es 3 unterschiedliche Reiche: Hibernia, Albion und Midgard, jeweils mit eigenen Landschaften, Gegnern, und so weiter.
Ein ganz frisches Beispiel (und das ist so frisch, dass es maximal als Beta Version in die Arbeit hätte einfließen können) wäre Expeditions: Viking. Nachdem die Dänische Firma zunächst ein Spiel um die Expeditionen von Spanier in Amerika gemacht hat, waren nun die Wikinger dran, die in Northumbrien und Piktland (das alte Britannien) eingefallen sind. Es wird über die alten Götter ein wenig geredet, es geht um Fehden zwischen den Clans, um ein Althing, und um den Bau von Gebäuden zu beschleunigen kann man auch Thralls, auf deutsch Sklaven, „verbrauchen“.
Auch das Spiel wäre sicher perfekt dazu geeignet um zu sehen, in wie weit die Darstellung historisch korrekt war, wo man etwas übertrieben hat, und so weiter.
Zwei weitere Beispiele wären Age of Mythology (RTS von 2002) und die Siedler 2 (Aufbauspiel von 1996).
Mein Punkt ist hier, dass hier in allen Beispielen auch tatsächlich Wikinger in irgendeiner Form, authentisch oder nicht, dargestellt werden sollten. Und eben nicht Einwohner einer Fantasy Welt, die ihre eigene Lore hat.
Ich finde es auch absolut verständlich und richtig, dass der Professor Playmobil anschreibt.
Die Playmobil Figuren sollen ja eben Wikinger darstellen und da wäre es umso besser, wenn auch den kleinen kein Unsinn „erzählt“ wird. Dort gibt es ja schon einen gewissen Bildungsauftrag und das kann ich sogar von mir persönlich sagen. Als Kind, das von Geschichte keine Ahnung hatte, und nicht mal von zeitlichen Epochen, wusste ich nur, dass sowohl die Ritter als auch die Cowboys und Indianer (gab ja beide Settings als Figuren) in der Vergangenheit waren. Aber ich wusste nicht, dass es da eine zeitliche Differenz gab. Also haben für mich lange Zeit gleichzeitig in Europa halt die Ritter gelebt und in Amerika die Cowboys und Indianer.
Andererseits halte ich es aber entsprechend für Unsinn, wenn eben der gleiche Professor auch Game of Thrones oder Tokiens Werke wegen Unstimmigkeiten zur echten Geschichte kritisiert. Es ist halt eben keine echte Geschichte und hat auch keinen Anspruch dazu.
Gleichzeitig könnte man eben auch fragen, was eben die Spiele, die als Basis für die Arbeit verwendet wurden, zu „von nordischer Mythologie inspiriert“ gemacht hat.
Ich meine, stellen wir uns einfach mal folgende Situation vor: Du hast zwei Bilder:
Auf einem Bild ist eine grüne Wiese. Ein Mann mit Helm (ohne Hörner) und bewaffnet mit einem Schwert. Würde man nun hingehen und sagen „Dieses Bild nehme ich als Basis zur Analyse von Wikingern“? Könnte es nicht genauso einen Engländer oder Pikten zeigen?
Auf dem anderen Bild ist eine mit Schnee bedeckte Landschaft. Darauf zu sehen ist der gleiche Mann. Nur hat der Helm nun Hörner und in der Hand hält der eine Axt.
Würde man nun hingehen und sagen „Das ist ganz klar auf Wikinger bezogen, und es ist falsch!“?
Was also bedeutet genau „von der nordischen Mythologie inspiriert?“. Ich will nicht absprechen, dass das bei den Spielen der Fall ist. Aber es wäre schon interessant zu sehen, wo da die Grenzen gezogen wurden, gerade was Witcher 3, Hearthstone und Dark Souls 3 betrifft (W3 und DS3 habe ich persönlich nicht gespielt, HS sehe ich grundsätzlich als suboptimale Vorlage, da die Lore ja direkt auf dem Warcraft Universum basiert (nur noch lustiger gemacht), so dass man sich besser WoW als Beispiel nehmen können dürfte).
So, das war es von mir. Sorry, ist jetzt doch ein wenig viel geworden. Aber vielleicht sind ja auch ein paar Denkanstöße dabei. :)
Wünsche jedenfalls viel Erfolg bei der Benotung und würde mich über mehr Podcasts zu solchen Themen (ausserhalb des Brunches) freuen.